Die erotische Anziehung zu beiden Geschlechtern ist in der Schweiz oft nur ein Spiel der Augen, der öffentliche Austausch darüber und untereinander schwieriger. In Bern gibt es einen neuen Treff für Gleichgesinnte und eine Ausstellung in Ostermundigen nimmt sich ebenfalls sich dem Thema Bisexualität an.
Der Schlüssel zum Geheimen lag für Juan auf Antonias und Gustavs Haut. Sein Dasein, Lieben, Leiden war von drei Körpern durchdrungen. Dem eigenen und der Sehnsucht nach einer Frau und einem Mann. Vorbei waren die Zeiten, in denen er in ständiger Furcht vor sich selbst, seine sexuellen Bedürfnisse verleugnete. Nun waren das Begehren und die Begierde zu dritt sein eigen. (Ausschnitt aus dem Buch Ménage à trois von Juerg Kilchherr)
Der Bi-Treff in Bern
Einmal im Monat lädst du Anna Bisexuelle in der Villa Stucki zum Gespräch in Bern ein. Hat sich seit den 15 Monaten, seit es diesen Treff gibt, deine Umschreibung für Bisexuelle verändert durch die Diskussion mit anderen oder blieb sie gleich und wie?
Ich merke einfach immer wieder, dass es die oder den Bisexuelle/n nicht
gibt. Jede Person ist in ihrer Lebensgeschichte wieder total
unterschiedlich. Es gibt Bisexuelle, die den Wunsch haben, parallel eine
Beziehung mit einer Frau und einem Mann zu leben und andere wiederum,
die abwechslungsweise mit einem Mann, dann wieder mit einer Frau eine
monogame Beziehung führen. Aber die Polyamorie (also das eingehen von
mehreren Liebesbeziehungen gleichzeitig) ist schon für viele ein Thema
und kommt in den Treffs auch immer wieder zur Sprache.
Die Schwulenbewegung der letzten Jahrzehnte war erfolgreich und brachte soziale Veränderungen. Bisexuelle gab es ja schon immer, warum und wo ist deiner Meinung nach noch Handlungsbedarf im gesellschaftlichen Zusammenleben?
Bisexuelle leben halt ihre Bisexualität oftmals verdeckt aus. Wenn
jemand schwul ist, muss er früher oder später sein Umfeld konfrontieren,
wenn er seine Neigung ausleben will. Wer bisexuell ist, kann auch eine
heterosexuelle Beziehung führen und gleichzeitig im Verborgenen
gleichgeschlechtliche Menschen treffen. Die Akzeptanz gegenüber
Bisexuellen ist meiner Meinung nach häufig noch nicht so da; in
Schwulenkreisen gelten sie als Menschen, die nicht zu ihrer
homosexuellen Orientierung stehen können oder man hat allgemein Angst,
dass ihnen ein Partner nicht genügt. Auch lesbische Frauen wollen meist
nicht bisexuelle Frauen als Partnerinnen, da sie sich fürchten, die
Geliebte würde dann früher oder später wieder mit einem Mann abspringen.
Meiner Meinung nach bräuchte es Vorbilder, die offen zu ihrer
Bisexualität stehen, denn Bisexualität ist immer noch häufig ein
Tabuthema.
Ein schwuler Kollege von mir behauptete schwule Sauna würden ohne die versteckten Bisexuellen dicht machen. Tut sich die Schweiz im Vergleich zu den Nachbarsländern schwerer mit Bisexuellen, dass sie nicht offen leben können?
Ich kenne mich zu wenig aus, wie es um unsere Nachbarländer steht…
Aber in der Schweiz habe ich schon das Gefühl, dass sich Wenige trauen,
offen bisexuell zu leben. Am letzten Bi-Visibility-Day, dem Tag der
Bisexuellen machten wir bei der Sendung Nachtwach mit und es haben sich
nur ganz wenige Bisexuelle gemeldet. Anscheinend möchten die Menschen
einfach lieber in eine Schublade gehören. Es ist wahrscheinlich für
viele einfacher, sich einfach als schwul bzw. lesbisch oder hetero zu
bezeichnen, auch weil es für Schwule/Lesben mehr Anlaufstellen und
Austauschmöglichkeiten gibt.
Die Besucher des Bi-treffs kommen ja auch , weil sie teils Hilfe brauchen. Wie sehen die Unsicherheiten aus und wie hilfst du weiter?
Unsere Runde ist eine offene Gesprächsrunde. Man hilft sich gegenseitig,
gibt sich Tipps im Zusammenhang mit dem Outing zum Beispiel. Oder wenn
es darum geht, Familienangehörige zu informieren und evtl. sogar die
Familie zu verlassen. Natürlich bringe ich meine Erfahrungen auch ein
und versuche auch Einzelgespräche anzubieten und ich biete Beratung per
Dort berate ich (Anna, Foto) aber nur einen Mann
regelmässig, der auch schon zu einem Einzelgespräch mit unserem
Psychologen und mir gekommen ist. Unsere Gruppe ist ja angegliedert an
die HAB (Homosexuelle Arbeitsgruppen Bern) und läuft unter dem Angebot
Beratung und eine Fachperson begleitet das Beratungsteam
(Schwulen-/Lesben-/Bi-Beratung) in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit.
Oft wird ja Bisexualität erst in einem gewissen Alter wahrgenommen.
Der Treff ist offen für jedes Alter, doch ist es nicht schwer soviele unterschiedlichen Geschichten an einem Abend zu besprechen?
Ich habe ursprünglich eine Zeitspanne von 2 Stunden für den Treff
festgelegt, nun sind es meist mehr. Es kommen natürlich viele
Geschichten zusammen, aber da meist nur so 4-5 Leute am Treff
teilnehmen, können sich alle, die wollen, gut einbringen. Und viele
kommen ja auch mehrmals und man bespricht dann einfach Ausschnitte aus
dem Leben oder was jeweils gerade aktuell ist.
Bi-Treffs gibt es auch in Zürich, Genf und Basel, wenn ich richtig informiert bin. Wie wird euer Auftritt an der kommenden Gaypride in Freiburg im Frühjahr aussehen?
Wir haben noch nichts geplant, aber voraussichtlich werden wir wie
letztes Jahr an der Pride in Zürich wieder mit unserem Transparent „bi
happy, bi pride“ anwesend sein und wieder die verschiedenen Bi-Gruppen
aus der ganzen Schweiz zusammentrommeln. Auch am letzten
Bi-Visibility-Day trafen wir uns alle zusammen zu einem Abendessen in
Olten. Die Vernetzung untereinander finde ich sehr wichtig und es ist
zudem auch spannend, die Leute aus unterschiedlichen Regionen
kennenzulernen.
Die Ausstellung in Ostermundigen
Vom 16.3. bis 17.4.16 stellt Stefs Kulturbistro in Ostermundigen mich Juerg Kilchherr und meine Männerbilder aus. Seit 20 Jahren beschäftige ich mich als Künstler mit den Ausdrucksmitteln der Malerei, Literatur und Musik mit den Sehnsüchten des Mannes im Wandel der Zeit. Das Thema Bisexualität ist ein wichtiger Bestandteil dieser Auseinandersetzung und der Beobachtungen des Schweizer Mannes.
Einladung
Der Bi-Pan Treff besucht diese Ausstellung am 18.3.16 um 17.15 Uhr. Neben einer Führung durch die Ausstellung gibt es eine Lesung und anschliessend ein gemeinsames Abendessen. Eine Gelegenheit den Verein kennen zu lernen und gleichzeitig Kunst zu geniessen. Für das Essen bitte anmelden bei bi-pan@ha-bern.ch
Treffpunkt ist Stef’s Kultur Bistro, Bernstrrasse 101, Ostermundigen 17.15 Uhr , 18.3.16