Monat: April 2016
Gegen das Aprilwetter ab ins Kunstmuseum Basel
Seit acht Tagen ist der Erweiterungsbau des Kunstmuseums Basel eröffnet und kommt angesichts der tiefen Aussentemperaturen gerade zu rechten Zeit mit seiner ersten Ausstellung „Sculpture on the move 1946-2016“, um dem Museum einen Besuch abzustatten.
Die erste Erneuerung am Kunstmuseum Basel ist die Kasse. Der Besucher steht nun draussen zu jeder Jahreszeit unter der Kuppel des alten Teils und bestellt sein Ticket. Und das tun an diesem Morgen trotz Regen und Schnee viele.
Basel ist klein, aber gross in der bildenden Kunst, weil der „Basler Teig“ zum einen sein Geld in Gemälden anlegt und zum anderen viel an öffentliche Institutionen spendet. Der Neubau wurde durch 50 Mio. der Laurenz-Stiftung (Maja Oeri) und 50 Mio. der öffentlichen Hand finanziert.
In der Kunst geht es um Extreme und wenn Architektur Kunst ist, dann ist der sehr teure Neubau der Architekten Christ & Gantenbein ein Schritt in Richtung dem Kunstmuseum Basel Platz zu schaffen, damit es einmal im Jahr mit einer Sonderausstellung von hohem Wert die Konkurrenz abhängt und sonst die Sammlung vom Weltformat zeigt.
Das Museum hat nun 10.000 Quadratmeter Ausstellungsfläche, das heisst für den Zuschauer ein Bad in der Kunst nehmen und viel gehen. Treppen rauf und runter war man schon im alten Teil gewohnt, nun geht es zuerst durch einen langen Gang vom Alt- in den Neubau und der hat neben den Treppen auch einen Lift.
Viel grauen Beton, grauen Marmor, graue Stahlplatten und braune Parketböden, das sind die ersten Eindrücke und in den ersten beiden Etagen sind dank der hohen Räume Grossformate und Platz für Installationen oder einen in Scene gesetzten Jeff Koons. Dieses Haus will das Angesagte des 21. Jahrhunderts zeigen und manche Damen vom „Basler Teig“ sind an diesem Morgen deswegen verstört. Der Mix zwischen Gemälde, Skulptur, Fotografie usw. auf engstem Raum ist zweifelslos eine Herausforderung an den Betrachter.
Sonderaussstellung „Sculpture on the move 1945-2016“
Durch die Dachfenster mit natürlichem und künstlichem Licht beleuchtet, befindet sich im dritten Stock die grosse Sonderaussstellung „Sculpture on the move 1945-2016“.
Bis zum 18. September will diese Ausstellung aufzeigen wie nach dem Ende des zweiten Weltkrieges bis heute die klassische Skulptur mit einem Abbild eines Menschen oder einer Form eine Entwicklung vollzogen hat, die heisst aufbrechen vom Material und weg von der sichtbaren Wirklichkeit zur abstrakten hin. Die Leihgaben aus anderen Museen und Privatsammlungen warten mit Namen wie Alberto Giacometti, Joseph Beuys oder David Smith auf. Andere Bildhauer arbeiten nicht nur mit Stein oder Holz sondern formen einen Arbeiter aus Polyester oder verformen Recylingblech.
Sie setzten das Material in eine Szenerie damit es keine Grenzen mehr hat.
Der Nachteil dieser Ausstellung ist der Raum. Nur eine Etage reicht für die grossen Skulpturen nicht und es ist eng bei vielen Betrachtern. Zwar sind sowohl im Erdgeschoss wie im zweiten Stock und im Kunstmuseum Gegenwart noch Skulpturen untergebracht, doch dies ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, da das grosse Ausstellungsschild erst im dritten Stock hängt.
Auch muss gesagt werden, dass die Ausstellung ja siebzig Jahre der jüngsten Vergangenheit abdeckt und der Markt bereits einige Idee geklaut hat und schon als Gartenskulptur oder Zimmerdeko verkauft. Auch waren gerade Giacometti oder Beuys schon oft andereswo ausgestellt.
Der Neubau des Kunstmuseums Basel ist ein Ort, der seinen Geist noch sucht, aber zusammen mit den Veränderungen im alten Teil und der extremen Vielfalt an bildender Kunst ist das Museum ein Trost für den Besucher, der angesichts der Wetterprognosen unter Schwermut leidet. Also ab nach Basel zur sanften Kunsttherapie.
Sänger Kunz – das Sommerchind zeigt sein Luzern
Montagmorgen 10 Uhr, Mundart Folk Sänger Kunz trinkt seinen Espresso im Fin de Siècle Seebistro Luz und schaut den Regentropfen auf dem Vierwaldstättersee zu. Gleich beginnt die Tour durch sein Luzerner Wohnquartier, auf der er viel Privates verrät.
Kunz, du warst im Februar in Neuseeland in den Ferien, deine neue Single heisst „Sommerchind“ und der Lenz, heute mit Regen, hat auch in Luzern Einzug gehalten. Bist du ein Naturbursche und wie verbringst du deine Freizeit?
Ich bin sehr ländlich in Mauensee Nähe Sursee aufgewachsen und das hat mich geprägt. Ich liebe es bei jedem Wetter in den Wald zu gehen. Beim Wandern habe ich immer ein Noitzbuch mit und manchmal küsst mich die Muse beim Mittagsschlaf im Gras. Zwar entstand „Mittagschind“ nur im Studio, aber ich liebe an Luzern den täglichen Blick auf die Berge. Den Frühling und Herbst ziehe ich den sehr warmen Temperaturen vor. Ich bin immer mit dem Velo unterwegs, gehe joggen und schwimmen. Die Stimmung am Löwendenkmal, wo wir gerade sind, ist abends, wenn die Touristen weg sind, sehr schön und ich spüre die Energie des Felsens.
Am Samstag spielst du auf deiner aktuellen Tournee, die noch bis Ende Mai dauert, in der Mühle Hunziken in Rubigen. Ausser Basel und Luzern fehlen auf dem Tourneeplan die grossen Städte, bist du eher ein Held der Landbevölkerung?
Nein, Meine grössten Fans stammen halt aus der Zentralschweiz und langsam kommt der Erfolg und das Interesse dank dem Erfolg der aktuellen Cd „Mundart Folk“ auch ausserhalb. Ich mache jetzt zehn Jahre Musik und lebe seit vier Jahren davon. Ich bin sehr dankbar für das Team hinter mir, das mir den Rücken frei hält mit Booking, Managment etc. Früher habe ich alles selber gemacht, das war ein Stress.
Gut, dass es die die Kappellbrücke gibt, wo nur schon ein Gang darüber entspannt, das habe ich schon früher als ich noch als gelernter Maurer gearbeitet habe, gemerkt. Nun muss ich noch ins Migros einkaufen gehen.
Gerade hast Salat, ein spezielles Brot und Avocados eingekauft. Welches ist neben der Musik deine grösste Leidenschaft und welches sind deine besten und schlechtesten Charaktereigenschaften?
Ich koche gerne und schaue beim Einkauf auf regionale und saisonale Produkte, bin aber kein Vegetarier. Ich bin ein Migroskind, finde den Genossenschaftsgedanken Duttwylers als Sinnbild der Schweiz gut. Tanzen liebe ich. Vom Charakter mag ich an mir meine Lockerheit, alles nicht so ernst zu nehmen und das Soziale, das mir die Familie mitgegeben hat.
Als Chef der Band habe ich das letzte Wort und will manchmal zuviel auf einmal und finde alle sollten ebenso schnell denken und handeln wie ich. Ich bin aber nicht die Madonna der Innerschweiz, gehe mit den Bandmitgliedern familiär um, den wir sind seit drei Jahren wöchentlich zusammen.
Deine Band ist in Zürich, gerade fährt der Zug nach Olten ab, eine Stadt, die du auch besingst, was wünschst du dir, sollte anders sein im Schweizer Musikgeschäft?
Ganz klar mehr Unterstützung durch die staatlich subventionierten Radios, die einfach zu wenig für die vielen Schweizer Mundartbands machen. Auch wünschte ich mir, dass die Schweizer die Qualität der Schweizer Musiker höher schätzen würden.
Ich habe Erfolg mit dem Singen in meinem Luzerner Dialekt, begann ursprünglich mit in Englisch singen, was mir heute beim Anhören die Tränen vor Lachen in die Augen treibt. Auch bin ich noch Dirigent der acapella Gruppe b-live. Die Schweizer Kultur ist sehr vielfältig und bin stolz und dankbar einen Teil davon sein zu können.
Der Regen lässt nach, Kunz geht zügig auf den Schiffssteg zu und wirft sich vor dem Inspirationsort eines seiner Song „Vierwaldstättersee“ in Kapitänspose.
Du bist auf Tournee, Fans himmeln dich an, hast nie Angst vor dem Vergessen werden in zehn Jahren?
Ich habe keine Angst davor, den ich ich könnte ja dann auch auch was Soziales machen, Lehrer werden oder Kindergärtner. Ich bin ein Mensch, der im Moment lebt, geniesse das, was jetzt ist und will mit meiner Musik von der Innerschweiz auch noch den Rest des Landes erobern.Wir gehen im Herbst einen Monat ins Studio und das neue Album kommt Anfang 2017.
Kunz hält sich mit Joggen in Form, hat die Gitarre und die Musik als Mittel Frauen auf sich aufmerksam zu machen. Ueber welchen Weltschmerz oder Thema würdest du nie einem Song schreiben?
Ich bin kein Fan der Religion und bin nicht gläubig, obwohl ich in einem katholischen Kanton lebe und in der Schule einiges an Ritualen mitmachen musste. Ich glaube an das Gute und den Menschen. Ich komme aus einer Traumwelt, bin einem guten Haushalt gross geworden und hatte auch eine gute Verwandschaft. Ich sehe mich als einer, der vom guten Leben geküsst wurde und versuche als positiver Menschen auch das Positive mit der Musik weiterzugeben.
Teil 2 – Berner Designerinnen an der Blickfang in Basel
In der Altstadt von Bern unweit des Münsters zeichnen und schneidern Debora Rentsch, Zara Nydegger und Natalie Pellon im Geschäft „OOOnyva“ an der Münstergasse 35 Kleider für die Frau und den Mann mit dem besonderen Geschmack. Bald geht es nach Basel an die Blickfang-Messe vom 29.4. bis 1.5.16. Doch vorher gab es bei Kaffee und Schokolade Einblicke in die Kreativität der Frauen.
Berner Designerinnen an der Blickfang Basel Teil 1
Vom 29. April bis 1. Mai präsentiert die Designermesse Blickfang in Basel 160 Querdernker, Pioniere und Charaktere des unabhängigen Designs. Bereits heute öffneten vier Bernerinnen ihre Ateliers. Den Anfang macht Schmuckdesignerin Sabine Thuler an der Herzogstrasse 20 im Breitenrainquartier.
Mal kein Orangensaft sondern exotische Früchte von Michel
Wenige Wochen nach der Veränderung im Aussehen von Rivella zeigt eine weitere Schweizer Marke Neues. Die Firma Michel aus Renes, bisher eher für Orangensaft bekannt, wirft drei neue Erfrischungsgetränke namens Liqit auf den Markt.
Es ist gar nicht so einfach, sich auf dem Getränkemarkt zu behaupten. Michel ist seit 80 Jahren eine Schweizer Qualitätsmarke mit einem Orangensaft der Extraklasse hergestellt in Rothrist bei Rivella. Nun kommt der Sommer und die Waadtländer aus Renes möchten Michel auch für die neue Generation von Liebhabern fruchtiger leichter Erfrischung für sich gewinnen. Doch was ist Massengeschmack? Eine schwierige Frage, die erst an der Kasse entschieden wird, weil sie zuvor niemand beantworten kann. Ob das Michel mit Liqit gelingen wird?
Die drei neuen Sorten sind
Liqit Orange Mango
Liqit Granatapfel Passionsfrucht
Liqit Grapefruit Ananas
Der Test:
Die Mischung aus viel stillem Wasser besteht nur aus 10 % Früchtsäften und Stevia. Wieviel von diesem Zuckerersatz verwendet wurde, fand ich nirgends geschrieben.
Das Getränk enthält keine Konservierungsstoffe.
Die 50 cl Pet Flasche hat 18 Kalorien pro 100 ml. Wenig und sicher ein Pluspunkt.
Ausser dem Granatapfel aus Europa werden alle Früchte von weit her nach Renes transportiert, ein Minuspunkt.
Stevia hat zwar den Vorteil weniger schädlich zu sein als herkömmlicher Zucker, bleibt aber in Kombination mit den exotischen Früchten auf der Zunge als klebriger Film haften.
Die unterschiedlichen drei Geschmacksrichtungen sind gewöhnungsbedürftig,besonders Granatapfel und Passionsfrucht ist recht stark, während Grapefruit Ananas sofort erfrischt und die Orange Mango Mischung am lieblichsten ist.
Doch probieren Sie es selber aus Liqit gibt es bei Coop, am Kiosk und im Restaurant.
Im Mai wird Liqit in Bern, Zürich, Winterthur, Genf und Basel am HB anwesend sein.
Literatur für den Frühling auf dem Balkon
Endlich steigen die Temperaturen und mit einem Buch oder Hörbuch ist der Frühling auf dem Balkon oder am Fluss oder im Park ein Muss für das savoir vivre. Hier die Lese- und Hörtipps:
Hörbuch: Benedict Wells Vom Ende der Einsamkeit
Noch vor seinem Lebensabschnitt in Barcelona war der Münchner Benedict Wells ein erfolgreicher Schriftsteller, der seit 2003 nach seinem Umzug nach Berlin drei Romane veröffentlicht hatte, die erfolgreich waren und er langsam aber sicher wusste, wie es geht einem Roman zu schreiben. Doch der 1984 Geborene merkte bei seinem Aufenthalt in der spanischen Metropole, dass er eine Art deutsche Paul Coelho wurde, der immer nach dem gleichen Schema schrieb. Also zog er sich vier Jahre zurück und entwarf „Vom Ende der Einsamkeit“ indem er alles wie er geschrieben hatte über Bord warf und in einem neuen Stil schrieb. Die Vergleiche mit John Irving sind zwar nicht falsch, aber Benedict Wells‘ Vom Ende der Einsamkeit ist keine Kopie des amerikanischen Vorbild sondern ein berührender Entwicklungsroman über drei ungleiche Geschwister, die früh ihre Eltern verlieren, über das Überwinden von Verlust und Einsamkeit und die Frage, was in einem Menschen unveränderlich ist, egal, welchen Verlauf sein Leben nimmt. Das Buch ist eine große Liebesgeschichte, die niemand unberührt lässt. Ein grosser Wurf, der nun als Hörbuch vorliegt, erscheinen im Diogenes Verlag.
Robert Stadlober, Schauspieler aus dem bekannten Film „Sonnenallee“ liest dieses aus sechs Cds bestehendes Hörbuch mit junger Stimme, die ziemlich gradlinig ohne grosse Färbung diese Liebesgeschichte liest. Doch gerade diese Monotonie ist richtig für die feinen ausgewogenen Worte von Benedict Wells.
Wer die Stimme des Autors hören möchte, hat in den nächsten Wochen in der Schweiz Gelegenheit ihn zu hören:
19.4. Zürich, Kaufleuten, 24.4. Hotel Hammer, Eigenthal, 1.7-3.7. Literaturfestival Leukerbad
Buch: Heinrich Wiesner Das Schnabeltier
Mit dem Frühling tauchen sie wieder auf und wir schaffen uns eine Beziehung zu den Tieren durch beobachten oder lassen sie links liegen. Letzteres macht der in Reinach BL lebende Schriftsteller Heinrich Wiesner sicher nicht.
Schon als Primarlehrer konnte er seinen Schüler das Leben der Tiere mit Geschichten näher bringen. Nun sind die Erwachsenen dran in seinem neusten Buch „Das Schnabeltier“. Bekannte und unbekannte Tiere nimmt sich der Basler ans Herzen und schaut in ihr Leben und auf ihre Umwelt und die Beziehung untereinander oder zum Menschen. Die kurzen Geschichte sind sehr kurzweilig, weil Heinrich Wiesner sehr nahe geht und einem das unbekannte Tier sehr nahe bringt, dass man das Gefühl hat, dass selbst ein Schnabeltier oder Fuchs ein Freund sein könnte. Ein Buch zum Lesen zum Singen der Amsel in den Bäumen vor dem Balkon.
Heinrich Wiesner, Das Schnabeltier, Expedition in die Tierwelt, 2016, 112 Seiten, 20 Illustrationen, Fr.26.– ISBN 978-3-7296-0910-5,
Zytgolgge Verlag
Buch: Michael Nast Generation Beziehungsunfähigkeit
Bevor Michael Nast in den letzten zwei Jahren erfolgreich und reich mit dem genauen Hinschauen auf das Geschlechts- und Liebesleben der Berliner wurde, indem er die Neurosen der Grossstädter auf den ganzen deutschsprachigen Raum wirft, war er Blogger, Drehbuchautor und Kolumnist oder brach eine Buchhandelslehre ab.
Der 1975 Geborene geht es wie vielen seiner Generation, er hat sich in der digitalen Welt verloren, sein Bezug zu sich selbst wird immer schwieriger, den das Kapital frisst ihn wie viele anderen auch auf. Er fühlt sich unzufreiden im auf endlosem Wachstum ausgerichteten Wirtschaftssystem und verloren zwischen allen den schlechten Nachrichten und Katastrophen.
Auf 239 Seiten analysiert er die Einsamkeit der 25 – 40 jährigen und ihrem Verlust der Liebesfähigkeit. Das tut beim Lesen weh, den Michael Nast ist direkt und seine Gedanken treffen genau den Punkt. Doch eben nicht immer. Neben den wenigen guten Geschichten von seinen Freunden, die er hier nackt auszieht und vorführt, ist das Buch auch geschwätzig und mit Lückenfüller ausgestattet.
Verlag Edel
Bilder, die die Nazis nicht mochten im Kunstmuseum Bern
Sowohl die bereits angelaufene „Chinese Whispers“ wie die neue Ausstellung „Moderne Meister“ im Kunstmuseum Bern sind Ausdruck des freien, kreativen Geistes, den Regierungen gestern wie heute oft nicht mögen. Bei den chinesischen Bildern sind es die Kommunisten, bei der „entarteten modernen Kunst“ waren es die Nationalsozialisten, die Werke von Kirchner, Macke und Co. am liebsten auf dem Scheiterhaufen sahen.
Wildes kochendes Blut für die Musik – Faber und Juanes am Zermatt unplugged
Das Erwachen am zweiten Tag des Zermatter unplugged war grausam, aber nur für die Skifahrer, die sahen das Matterhorn im Nebel und Regen nicht. Für die Musikfans gab es aber eine wilde Neuentdeckung aus der Schweiz und kolumbianisches Blut.
Einige Jahre hatten nur die Berner mit Sophie Hunger eine Ausnahmesängerin mit einem Liedergut ausserhalb des Mittelmasses, hohe Kunst eben. Nun ist mit Julian Pollino, Sohn des bekannten Liedermachers Pippo Pollino, ein Querkopf aus Zürich auf die Bühne getreten, den sogar die Bernerin als Vorgruppe ihrer Tournee buchte. Der 1993 Geborene hat Max Frischs Buch Homo faber gelesen und bewundert den italienischen Liedermacher Fabrizio de Andre. Deshalb nennt er sich Faber und nicht etwa sein bekannter Vater war der Auslöser zum Musik machen, sondern der Film „Once“ und die Hassliebe auf seinen Wohnort Zürich. Er wollte nicht wie alle anderen Jugendlichen cool sein, Trends nachjagen sondern tiefer gehen in sich selbst und das Gefundene in Musik verwandeln.
Dieser Selbstfindungsprozess ertönte nachmittags zum Apres-ski im Cervo, einer Beiz am Ende der Skipiste. Das Programm eine wilde Mischung aus Punk, Rock, Pogo, Canzoni, Balladen, rauen Gitarenriffs, lautem Schlagzeug – das totale Kontrastprogramm zum gestrigen James Morrison. Der Zürcher Wirrkopf sang über die Nacht bei einer Hure, gab Lebenshilfe und wirkte schüchtern, wenn er Ansagen machte. Er stampfte lieber den Rhythmus mit seinen Stiefeln, sang glaskar seinen Bass und wirkte zeitweise wie ein Punk ohne Irokese aber Lockenkopf, der das kochende Blut in seinem hochroten Kopf von der Anstrengung verdeckte.
Dem Publikum als eine Mischung vom Kleinkindern über Schüler bis zum Opa knallte die volle Lautstärke dieser Punkrockattitude ohne Ohrenschutz ans Ohr. Faber wird ihnen noch lange in Erinnerung bleiben als Zürcher, der nicht mit dem Strom schwimmt. Wenn er jetzt noch sein Programm strafft und Demoversionen von fertigen Songs aussortiert, wird er Sophie Hunger das Wasser reichen können.
Juanes auf der Zeltbühne
Zermatt ist die internationaleste Stadt des Landes dank seinen Gastarbeitern aus südlichen Ländern, doch für ein volles Zelt reichte es dann doch nicht. Dazu ist Juanes Hit „la camisa negra“ und die Cd „mi sangre“ zehn Jahre alt und der Goldregen von damals vergessen. Im Hype um Shakira im letzten Jahrzehnt hatten es Juanes kolumbianische Melodien bis nach Europa geschafft. Doch Shakira ist mittlerweile mehr Mutter als Sängerin und Juanes organisiert vom neuen Wohnsitz Florida aus Friedenskonzerte in seiner Heimat.
Wird der Sexappeal vom Sting als Südamerika noch da sein, fragte sich eine Zuschauerin?
Mit zwanzig Minuten Verspätung überraschte Juanes die Damenwelt mit Ultrakurzhaarschnitt, verrissen Jeans und für sein Alter schlanker muskulöser Statur. Der ehemalige Heavymetallrocker, für den er in seinen jungen Jahren berühmt war, spielte fortan einfache Melodien, die schon beim zweiten Song die Frauen von den Stühlen rissen. Doch trotz des Wechsels zwischen Kopf- und Bruststimme merkte im mittleren Teil des Konzertes auch der Letzte, dass die vierköpfige Band um Juanes immer die gleiche Liedstruktur nur mit anderen Worten spielte.
Die Stimmung sank und Juanes fragte in die Runde, ob er noch weiterspielen solle?
Doch wer bereits im Alter von sieben Jahren vor Publikum auftrat, ist mit allen Wassern gewaschen und Juanes legte sich ins Zeug, grub bessere Akkorde aus, machte Spass mit dem Publikum. Die spanisch sprechenden Zuschauer genossen es fortan ihre Muttersprache in Musik zu hören, die Schweizer verstanden nichts, aber freuten sich über die hohe Gitarrenfertigkeit des Südamerikaners und am Schluss wollten beiden ihn gar nicht mehr loslassen, so dass der Gig zwei Stunden dauerte und bei der Zugabe schenkte ihm auch noch jemand die kolumbianische Flagge. Das rührte Juanes sehr und morgen will er zum ersten Mal Snowboard fahren und suchte gleich noch einen Lehrervon der Bühne aus. Vamos!
James Morrison – Musik in den Strassen von Zermatt- Unplugged Festival
Zum neunten Mal fühlt das Zermatt unplugged vom 5. – 9. April zum Saisonschluss nochmals die Hotelzimmer unterhalb des Matterhorns mit Konzerten von James Morrison, Juanes oder Lisa Stansfield und Guppen, die zu noch zu entdecken sind.
Als Mann aus East Sussex ist sein Englisch aber schwer verständlich, was besonders bei den anfangs vielen Ansagen sich bemerkbar machte, die nur wenige verstanden.