Zürich – Martin Suter und Stefan Eicher – Song Book

Die mit Spannung erwartete Zusammenarbeit von Schriftsteller Martin Suter und Liedermacher Stefan Eicher „Song Book“ ist eine, für die sich der Hörer Zeit nehmen muss. Zum einen zum Lesen und Hören und zum anderen zum Nachdenken. Zum Glück kommen nun die langen Winterabende und die Zeit sich mit Poesie zu befassen.

Der 1960 in Münchenbuchsee geborene Stefan Eicher ist der Leonard Cohen der Schweiz, der eigentlich nicht singen kann, eher leise vor sich hinredet, murmelt. Aber gerade seine Haltung, die Aufforderung zur Kommunikation mit seinen Liedern, ist das, was ihn seit Jahrzehnten zum Star macht mit internationalem Ruf. Doch seit 2007 „Eldorado“ ist von Eicher nichts mehr erschienen, weil er in einen Rechtsstreit mit der Plattenfirma verwickelt ist und vielleicht auch, weil seine Kreativität lahmt.

 

Seinen Ruf als Liedermacher von Weltformat konnte er dank sehr guten Konzerten wie letzten April am Matterhorn am Zermatt unplugged, wo das ganze Zelt nach drei Stunden Musik auf den Stühlen stand, am Leben erhalten und mit Nebenprojekten wie die neuste Zusammenarbeit mit einem Künstler aus einer anderen Kunstgattung.
Nach dem Franzosen Phillippe Dijan ist es nun also der Zürcher Schriftsteller Martin Suter, der jedes Jahr einen Bestseller liefert, der  17 Texte zu „Song Book“ beisteuerte. Das beigefügte Büchlein zur Cd beinhaltet nicht nur die Liedertexte sondern auch Anekoten und viel Unbekanntes aus dem Leben der Beiden, die eine enge Freundschaft seit langem verbindet.
Musikalisch ist „Song Book“ langweilig im positiven Sinn. Die Musik hält sich sehr zurück, damit der Hörer das Berndeutsch von Eicher Wort für Wort versteht und in die Geschichten von Suter innerhalb von vier Minuten eintauchen kann. Es ist also wie beim grössten Liedermacher der Schweiz Mani Matter, die Melodien sind sehr einfach gehalten, damit sich die Beobachtungen zweier älterer Männer über den Menschen und das Leben entfalten können und ihre Aussage Poesie wird.
Für „SongBook“ muss man sich hinsetzten und lesen und hören und mitdenken, eine Aufgabe an einem langen Winterabend am Feuer und der Muse, sich auf ein musikalisches Hörbuch der speziellen Art einzulassen bis man die zwei Künstler im Frühjahr live erleben kann.
SongBook von Stefan Eicher und Martin Suter erschien im Diogenes Verlag.
 
Weitere Informationen hier
Fotonachweis:
1/ 3 Vera Hartmann
2 Kobi Benezri
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Vevey – das Museum Nest von Nestlé

 

Wenn die kommenden Novembertage Schmuddelwetter bringen, lohnt sich eine Fahrt nach Vevey. Gleich drei Museum wie Charliesworld, Alimentarium und das neue von Nestlé bieten multimediale Erlebniswelten an. Eine Strasse hinter dem Bahnhof liegt das „le Nest“.

Jeder von uns ist im Leben schon als Kind und spätestens mit George Clooneys Nescafe mit der Schweizer Firma Nestlé in Berührung gekommen und zum 150. Jubiläums wurde hinter dem Bahnhof eine 3000 Quadrameter grosse Halle umgebaut in ein Museum für ein Reich für Augen und andere Sinne.
Mit einem Audioguide ausgestattet, wartet der Besucher in einem Vorraum, wo die alten Plakate zeigen, wie eng Nestlé mit dem Genfersee und dem mondänen Leben an seinem Ufer rund um Vevey verbunden ist, da öffnet sich eine Türe und
hinter einer Schattenwand animiert ein Fotograf aus alten Zeiten den Besucher zu Lockerungübungen bevor es blitzt und sein Vogel im Käfig neben der Kamera wegfliegt und wir der Taube, dem Markenzeichen der Firma durch weitere vier Räume folgen.
Bevor 1866 Henri Nestlé sein Kindermilchpulver entwicklete, geschah in der damals armen Schweiz vieles, den die Industralisierung veränderte die Gesellschaft und ihre Bedürfnisse. Ein Schattenspiel zeigt dies auf, bevor es vier Minuten später schon weitergeht in einen Raum
wo der Apotheker Henry Nestlé an seinem Kindermehl tüfftelte, damit die Kindersterblichkeit zurückging oder an anderen Nahrungsmittel. Alles wird dem Zuschauer fast wie in einem Harry Potter Film übermittelt. Immer wieder taucht an einer Ecke irgendeine Animation auf, die den Wissenschaftler und seine Arbeit einem näher bringt.
Längst ist Nestlé nicht nur Dosenmilch sondern hat breite Palette an Nahrungsergänzungen und im letzten Raum sieht der Besucher eine Gesellschaft beim Essen und die Bilder, die der Fotograf zu Beginn der multimedialen Reise unbemerkt vom Zuschauer schoss, sind nun zwischen den Restaurantgästen als Lebensfigur integriert und geben gleich das Stichwort für das nächste Erlebnis im „Nest“.
Das Cafe in der Mitte des Museums „Chez Henri“ bietet neben den üblichen Snacks auch zu Mittag eine Ueberraschung. Der Koch persönlich bereitet die Speisen vor den Augen der Gäste zu. Probieren Sie am Salatbuffet die hauseigene Sauce aus, schmeckt lecker.
Das „Nest“ ist ein interaktives Museum, das natürlich noch weitere Ueberraschungen als hier beschrieben bereit hält. Es richtet sich sowohl an Kinder wie Erwachsene und zeigt auf spielerische Art und sehr zeitgemäss multimedial auf, wie sich die Ernährung dank einer Schweizer Vision bis heute nachhaltig entwickelt hat.
Nach dem Museumbesuch sollten Sie unbedingt noch an die Uferpromenade gehen, die Charlie Chaplin so geliebt hat und von einmaliger Schönheit ist.

Weitere Informationen zu Nestlés Nest hier 

Hier die Links und Berichte zu den weiteren Museen in Vevey 
 

Solothurn – Gabriella Veronika Affolter – Kunstvermittlerin erhält Kunstpreis 2017

Am 13. November verleiht der Solothurner Regierungsrat an den bildenden Künstler Bruno Leus den Kunstpreis des Kantons Solothurns. Zu den acht weiteren Kulturschaffenden, die einen Preis bekommen, gehört auch Gabriella Affoltern aus Leuzigen. Bei Schmuddelwetter auf einer Tour zu ihren Lieblingsorten erzählt sie von ihrer Arbeit in der Kunstvermittlung und den Interkulturellen Schriftbildern.


Gabriella von Affolter, wir stehen hier vor dem Campus Attisholz bei Rietholz. Am 13. November bist Du um 10.000 Franken reicher, weil es den Solothurner Kunstpreis in der Gattung Kunstvermittlung gibt. Warum hast gerade Du diesen Preis verdient und was machst damit?

Ich engagiere mich schon sehr lange für Kunstschaffende im Kanton Solothurn. Habe viele verschiedene Projekte in der Stadt gemacht. In meiner Kreativwerkstatt, die jetzt nach mehreren Umzügen an der Weisssteinstrasse 81 ist, entstehen neben Anderem auch meine Spezialität, die interkulturellen Schriftbilder, über die wir später noch sprechen werden. Ich engagiere mich auch an den Schulen für das Kreative im ganzen Land oder in der Lehrerfortbildung.
Das Preisgeld möchte ich verwenden, um die Idee der Interkulturellen Schriftbilder auch im Nahen oder Mittleren Osten bekanntzumachen. Sie haben einen friedensstiftenden Aspekt und fördern das Verständnis für den Menschen und seiner Kultur. Ein wichtiger Aspekt in der heutigen Zeit.
Nun sind wir im Inneren des Campus Attisholz vor einer Wand, die Du zusammen mit Menschen verschiedener Kulturen im Sinne der interkulturellen Schriftbilder gestaltest hast. 
Du stammt aus einem bürgerlichen Haushalt. Was sagten Deine Eltern, als Du Dich für die Kunst entscheiden hast und nicht für das Büro wie Dein Vater beim Gericht?
Ich wollte schon immer Kunst ausüben, weil es hier Freiheit gibt. Ich habe dann Kulturmanagment gelernt und am Anfang auch noch halbtags gearbeitet, auch beim Gericht. Als ich in die Schule ging. hing in meinem Zimmer meine Kunst und später im Keller gesellschaftkritische. Klar gabe es Diskussionen mit den Eltern wegen meinem Berufswunsch, aber ich denke, heute sind Sie stolz auf meine Arbeit.
Meine erste Kreativwerkstatt war im Alten Spital Soloturn und ich gab dort Kreativkurse. Ich arbeite gerne mit Gips und Beton.

Eine Brücke sei für Dich auch ein Symbol einer Verbindung zwischen zwischen den Kulturen, was Dir wichtig ist. 
Dieses Jahr gibt es nicht nur Geld und einen Preis sondern Du wurdest auch Vorsteherin der Schweizerischen Gesellschaft Bildener Künstlerinnen. Was macht ihr und wäre es nicht zeitgemäss auch Männer miteinzubeziehen?
Der Visarteverein, aus der sich der SGBK abgespaltet hat,  wurde vor langer Zeit gegründet und wollte keine Frauen. 1902 wurde der SGBK gegründet und ich bin nun die Vorsteherin der Sektion Bern/Westschweiz. Noch immer haben Frauen weniger Ausstellungsmöglichkeiten, werden bei den Preisverleihungen benachteiligt und es fehlt ihnen auch an einem Netzwerk, da hilft der SGBK weiter. Ich möchte gerne im nächsten Jahr eine Kulturreise in den Iran machen mit den Frauen.

Wir sind vor dem Schloss Wildegg mit seiner Allee, die für Dich ein Symbol für den Weg, den jeder gehen muss, ob er nun gradlinig verläuft oder nicht, ist. 

Deine Spezialität sind Interkulturelle Schriftbilder. Tönt nach dem Trend der Zeit global handeln und denken. Was versteht man unter diesen Schriftbildern?
Es ist eine Art soziale Plastik. Mit verschiedenen Maltechniken drücken Menschen aus verschiedenen Kulturen in einer Kombination von Bild und Schrift ein Thema oder Gedicht, was ihnen am Herzen liegt, in ihrer Sprache und Sichtweise aus. Im Sommer lernen 16 Leute verschiedener Hautfarben und Nationen in einem mehrtägigen Kurs in meinem Atelier sich auszudrücken. Ich lerne bei diesem Projekt viel von den Menschen und arbeite mit verschiedenen Organisationen zusammen.

Nun sind wir bei Käse, Salami und einem Ziegelbrot in Deiner Kreativwerkstatt und da hängen die besprochenen Interkulturellen Schriftbilder.
Viele Galerien haben geschlossen, die Kunst wird auf dem Handy angeschaut. Wie siehst Du die heutigen Möglichkeiten für die kleinen Kreativen ans Publikum zu treten?

Mir ist und war der persönliche Kontakt stets wichtig und bringt einem weiter. Facebook kann auch nicht alles und ist oberflächlich. Ich lerne viel, wenn ich mich beim Zusammensitzen mit Anderen austausche und dann entstehen oft die besten Ideen. Die Interkulturellen Schriftbilder von Menschen aus aller Welt, die in Solothurn oder anderswo leben und sie hier gemalt haben, kann man auch gerne anschauen kommen in meinem Atelier an der Weissensteinstrasse 81.


Wir sind vor der Kantonschule Solothurn, wo Du zur Schule gegangen bist. Du bist auch Mutter und Ehefrau, liebst das Essen aus anderen Ländern. Was für Projekete stehen privat und beruflich noch an in den nächsten 12 Monaten an?

Hinter mir spielen zwar nicht meine Kinder, aber auch mein Sohn und meine Tochter lieben den Fussball, so werde ich sie als zweifach geschiedene Frau zu den Spielen begleiten. Ja, ich esse sehr gerne Speisen aus anderen Ländern, koche aber selber nicht besonders gut und mache auch den Haushalt in meinem Haus, wo ich aufwuchs in Leuzigen und jetzt von den Eltern übernommen habe, nicht so gerne. Ich möchte das Konzept der interkulturellen Schriftbilder ins Ausland tragen und versuche mit der UNO Kontakt aufzunehmen, damit sie mir das hilft, das zu realiseren. Ja und dann steht auch wieder eine Reise nach Asien an.

 
Weitere Informationen zur Kreativitätswerkstatt 
von Gabriella Affoltern hier 



Die Uebergabefeier der Auszeichnungspreise des Kanton Solothurn findet am 13. November 2017 18.30 im Landhaus Solothurn statt.

Biel – Rapperduo Die Zwei – Die Saga von Benja und VanRhymes

Biel überrascht immer wieder mit hartnäckigen Musikern, die ihr Ding durchziehen, egal was der Trend und die Zeit, das Alter sagt. Sie rappen nicht, um davon zu leben, aber für Oliver Perret alias VanRhymes und Benjamin Zbinden alias Benja ist der Sprechgesang ihre Operation am offenen Herzen der Schweiz, der Welt. Zwei gestandene Männer und ihr Debut „Die Zwei – die Saga von Benja und VanRhymes“

Mit “Die Saga von Benja und VanRhymes” tretet ihr neu in der Musikszene mit dem Debut auf. Wie würde Benja VanRhymes und umbekehrt einer Drittperson den Charakter des Anderen beschreiben, wo liegen die Stärken und Schwächen des Einzelnen und wie habt Ihr Euch kennengelernt?

Wir kennen uns schon seit der Schulzeit, wir haben uns damals draussen beim Skateboarden kennengelernt und waren dann viel gemeinsam am skaten. Zu dieser Zeit fing dann auch die Sache mit HipHop an, wir haben uns die Musik vieler deutscher Rapkünstler angehört und waren sehr fasziniert davon.
Benja: Ich würde VanRhymes als eine ruhige bescheidene Person beschreiben, die nicht unbedingt gerne im Mittelpunkt steht. Seine Stärke im bezug auf Rap, sehe ich ganz klar darin, dass er so richtig aufblüht wenn er am Mic loslegt. Da sind die Leute oft sehr positiv überrascht.
VanRhymes: Benja ist ein sehr aktiver Mensch. Er reisst gerne neue Projekte an und bei ihm muss immer was gehen. Seine positive Einstellung und das Interesse neues zu entdecken, sehe ich als stärke. Ein Schwäche von Benja ist das er manchmal
zu hohe Erwartungen hat und dann entäuscht ist wenn diese nicht erfüllt werden. Im Bezug aufs Album wurden diese Erwartungen was die Produktion anbelangt  zufrieden gestellt.

Ich behaupte, dass es “Die Zwei” nicht geben würde, wenn Ihr nicht in Biel leben würdet, eine Stadt Multikulti und Spiegel der Schweiz von morgen, wie hat sie Euch geprägt?

Benja: Ich denke schon dass es die Zwei geben würde, jedoch wäre der Inhalt unserer Texte sicherlich nicht derselbe. Biel hat uns grundsätzlich sehr positiv geprägt, besonders die vielfalt der Sprachen. Hier bist du einfach darauf angewisen mal französisch zu sprechen oder dich in Deutsch oder English mit Leuten anderer Nationen zu unterhalten. Mir macht es spass, wenn ich zum Beispiel einkaufen gehe oder Leute im Ausgang treffe kommt es natürlich immer wider vor, dass du nicht deine Muttersprache sprichst. Dies ist interessant und ein grosser Vorteil gegenüber einem grossen Teil der rest der Schweiz. Für mich ist das eine Bereicherung und auch auf Reisen war es immer sehr hilfreich.
Zu diesem Thema ist dann auch der Song „La ville de Bienne“ entstanden.

Ihr seit nicht mehr die Jüngsten und seit zehn Jahren oder mehr in der Rapszene. Warum hat es so lange gedauert bis “Die Zwei” erschien?

Es gibt mehrere Faktoren, die dazu geführt haben, dass wir nun seit sieben Jahren nichts mehr released haben. Seit dem letzten release dem Mixtape „Streetart“, welches wir noch unter dem Namen M33 herausgebracht haben ist viel passiert.
2 Mitglieder unserer ehemaligen Rapcrew haben sich von uns getrennt um andere Wege zu gehen. Benja war fast 2 Jahre im Ausland unterwegs, VanRhymes wurde Vater und hat nebenbei Solo ein paaar Songs und Videos veröffetlicht.
Nach der Auflösung von M33, war für uns ziemlich schnell klar, dass wir weiterhin Musik machen wollen und dass wir zu zweit ein Album produzieren möchten. Wir waren immer aktiv im Studio am sounden und schreiben. Da wir neben der Musik auch noch beide vollzeit arbeiten, hat es ein bisschen länger gedauert, bis wir das neue Album fertig hatten. Unser Ziel war es auch nicht, so schnell wie möglich was neues rauszubringen. Wir haben uns die Zeit genommen die wir brauchten.

Ich denke, Ihr arbeitet noch neben der Musik. Wie behält man seine Wut und den Finger auf den Wunden der reichen Schweiz, wenn neben einem alle Kollegen müde von der Leistungsgesellschaft und bürgerlich werden?

Wie bereits erwähnt, arbeiten wir beide Vollzeit neben der Musik. Für uns ist das Rappen ein guter Ausgleich neben dem Arbeitsleben. Das Thema Leistungsdruck wird in mehreren Songs auf dem Album angesprochen. Wir möchten dabei zum denken anregen. Gerade hier in der Schweiz, leben wir in einer krassen Konsumgesellschaft. Dies führt unter anderem bei jedem gewisserweise zu Leistungsdruck. Wir möchten vermitteln das weniger mehr ist und man dies mehr schätzen sollte. Es sind doch oft die kleinen Dinge die das Leben wertvoll machen und der Moment der zählt. Im Song „Das wollen Sie“ geht es z.B darum, dass wir immer dass besitzen möchten, was der andere hat. Besitzen wir es dann, sind wir doch nicht zufrieden und was neues muss her. Wir müssen lernen uns mit dem zufrieden zu geben was wir besitzen und nicht immer sehen was wir nicht haben. Dies ist leider schwierig in einer Gesellschaft, die dir Glück und Zufriedenheit durch Konsum vermittelt.
Uns geht es hier in der Schweiz viel besser als in vielen andern Ländern der Welt und wir sollten dies zu schätzen wissen und dankbar sein. Zu diesem Thema haben wir den Song „Vielen Dank“ geschrieben.

Spotify lässt viele Schweizer Rapper links liegen, doch alle hören diesen Steamingdienst. Wie wollt Ihr “Die Zwei” auf der kommenden Tournee vorstellen und unter die Leute bringen?

Wir versuchen hier allen Hörern gerecht zu werden. Ab dem 25.10.17 gibt es das Album einerseits physisch auf CD, aber auch digital in den Stores. Das Album kann eigentlich überall im Handel bestellt werden. Auf Itunes, Google music, cede etc. und natürlich direkt bei unserem Vertrieb Ingroove  (dies ist für uns natürlich am besten). Ab Januar wird das Album auch auf Streamingdiensten wie Spotify und Deezer zu hören sein. Wir haben uns bewusst so entschieden, erst ab Januar Streaming anzubieten, weil wir da schlichtwegs ein scheiss verdienen werden, aber es trotzdem da anbienten wollten. Januar ist denken wir ein guter Kompromiss.
Das grösste potential sehen wir aber im Moment nach wie vor, im Verkauf der CDs an Konzerten. Da wir ja erst starten und uns noch nicht viele Leute kennen, können wir mit Konzerten am meisten punkten und die Leute so direkt überzeugen.
Wir denken, wenn wir die Konzertbesucher überzeugen können, dann gibt der eine oder andere auch gerne was für eine CD. Ausserdem haben wir da sehr viel reingesteckt und tolle Zusammenarbeit mit unseren Grafiker gehabt.
Wir haben uns für ein 6 seitiges Digipack entschieden (Kartonhülle), welches sehr schön verarbeitet ist und wirklich viel hergibt.

Hip-Hop ist eine Bewegung und eine Einstellung. Lebt Ihr neben dem Rappen diesen Lebenstil auch im Privaten in einer Gang, Club, Mode, Sprayen?

Natürlich leben wir diese Einstellung auch im Privaten. Diese Einstellung ist jedoch sehr breit gefächert und wir denken das jeder ein Stück weit für sich definieren kann was für ein Hip-Hop Livestyle er anstreben möchte.
Es geht uns beim Rap nicht um Frauen, Sex und Geld oder irgenwelche Oberflächliche Sachen. Einerseits wollen wir Message vermitteln und kritisch sein, andererseits auch einfach Spass haben und über geile Beats flowen und spitten.
HipHop ist für uns ein Lebensgefühl. Die Musik gibt uns kraft und Motivation durchs leben zu gehen und wir wollen Leute mit unseren Texten ansprechen.
Für uns ist Hip Hop Akzeptanz, Sprachrohr, Style, Competition und Respekt. Wir wollen nicht die Faust im Sack machen, sondern behandeln Themen die uns beschäftigen in unseren Texten.
Was oft vergessen geht ist das HipHop ja aus den 4 folgenden Elementen besteht: Rappen, DJing, Sprayen und Breakdance. Wir üben mit Rap nur eines dieser Elememente aus.
Das Sprayen überlassen wir denen dies können und haben grossen Respekt davor. In einer Gang sind wir nicht (lacht), wir haben aber viele Leute im Umfeld die eines dieser besagten Elemente ausüben.
Man trifft sich natürlich hier und da an Jams, in Ateliers oder Ausgang und ist connected mit andern.

 Der Track „La Ville de Bienne“ als Video
Weitere Informationen zu DIE ZWEI hier

Riehen – Fondation Beyeler und die Ausstellung Cooperations

Die Fondation Beyeler lebt von Ausstellungen mit grossen Namen der Malerei. Im zwanzigsten Geburtsjahr zeigt die dritte Sammlungspräsentation „Cooperations“ in zwölf Räumen 170 Werke von der Spätrenaisance bis ins 21. Jahrhundert aus dem Archiv oder von Leihgaben bis zum 1.Januar 2018.

Klar, ein Eintritt in die Fondation Beyeler an der Schweizer Grenze in Riehen ist nicht billig, doch das Geld geht ja nicht nur auf die Gehälterkonten der Kuratoren Sam Keller und Ulf Küster der finalen Sammlungsausstellung „Cooperations“ im 20. Geburtstagsjahr sondern immer wieder in Käufe. Doch bekanntlich sind moderne Künstler sauteuer und auch ein Sam Keller muss rechnen. Daher ist er froh, wenn ihm Sammler oder dem Haus verbundene Künstler in ihrem Nachlass gewähren, sie auszustellen, damit eine Epoche auch mal vollständig gezeigt werden kann.
Und wenn Beyler ausstellt, dann wird wie immer und auch jetzt bei „Cooperations“ das Ganze gross aufgezogen. Nach einem Gang durch einen Perlenvorhang gehts in zwölf Räumen durch ebensoviel Epochen in das Museumsarchiv und das hat alle grossen Namen der Malerei bereit.
In der Wunderkammer gleich zu Beginn wird es eng, aber als nachempfundenes altes Hauszimmer werden Gegenstände in neuer Form zu einander gesetzt und gehängt und erhalten eine neue Bedeutung. Als eine Referenz an den Salon, wo früher viele Reiche ihre teueren Gemälde hatten und Künstler oft zum ersten Mal mit der bildenden Kunst in Berührung kamen, hängen Picasso, Cezanne, Van Gogh. Eng der Raum aber mit viel Kraft und schon geht es weiter zu den Surrealisten wie Miro oder Max Ernst bevor die abstrakten amerikanischen Expressionisten wie Pollak noch schnell mit Farbe um sich werfen bis Andy Wahrhol und Roy Lichtenstein einen Raum für sich haben.
Klar hat auch Claude Monet und seine Seerosen mit herrlichem Blick in den Beyelerpark seine Wände und mit Gerhard Richter gehts auf die Neuzeit zu. Peter Doig aus Schottland war der jüngste gezeigte Maler in der Fondation vor zwei Jahren und kommt nun zum Schluss dieses Rundganges durch die Jahrhunderte der Malerei nochmals zum Zug.
„Cooperations“ ist eine Ausstellung für die Sie sich Zeit nehmen müssen, den sie ist gross und mit 170 Werken aus acht Ländern und einem zeitlichen Bogen von der Spätrenaissance bis Heute auch eine Herausforderung an die Augen und dem Spüren, was soviele Maler und ihre Fantasien in einem auslösen können.
 
Weitere Informationen zur Fondation Beyler und der Ausstellung hier

 

Bildlegende
1

MAX ERNST, L’ANGE DU FOYER (LE TRIOMPHE DU SURRÉALISME), 1937

Öl auf Leinwand, 114 x 146 cm
Privatsammlung
© 2017, ProLitteris, Zürich
                                                                           2

BALTHUS, PASSAGE DU COMMERCE-SAINT-ANDRÉ, 1952-1954

Öl auf Leinwand, 294 x 330 cm
Privatsammlung
Foto: Mark Niedermann
                                                                              3

GERHARD RICHTER, VIERWALDSTÄTTER SEE, 1969

Öl auf Leinwand, 120 x 150 cm
Daros Collection, Schweiz
© Gerhard Richter 2017 (0247)
                                                                              4

ANDY WARHOL, SKULL, 1976-77

Synthetische Polymerfarbe und Siebdruck auf Leinwand, 38,1 x 48,3 cm
Privatsammlung, Schweiz
© The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / 2017, ProLitteris, Zürich
                                                            5

PETER DOIG, PELICAN (STAG), 2004

Öl auf Leinwand, 276 x 200,5 cm
Privatsammlung, Courtesy Michael Werner Gallery, New York and London
© 2017, ProLitteris, Zürich
Foto: © Mark Woods
                                                           6

ROY LICHTENSTEIN, TEX!, 1962

Öl, Magna und Bleistift auf Leinwand, 172,7 x 203,2 cm
Esther Grether Familiensammlung / Esther Grether Family Collection
© Estate of Roy Lichtenstein / 2017, ProLitteris, Zürich
Foto: Martin P. Bühler
                                                               7

LOUISE BOURGEOIS, LES FLEURS, 2009

Wasserfarbe auf Papier, Folge von 12, jeweils 59,7 x 45,7 cm Collection The Easton Foundation
© The Easton Foundation / 2017, ProLitteris, Zürich
Foto: © Christopher Burke

Luzern – Monika Mansour und ihr Kriminalroman Luzerner Totentanz

An Heiligabend lässt die Krimiautorin Monika Mansour in „Luzerner Totentanz“ Ermittler Cem Cengiz in seinem vierten Fall im Luzerner Männliturm ein vermisstes Mädchen finden. Wurde es Opfer der Sträggele, einer Hexe, die in den kalten Winternächten ihr Unwesen treibt? Ein Rundgang zu den Schauplätzen des Krimis und ein Interview über das Schreiben.

Monika Mansour, Luzern ist seit dem Tatort nicht mehr nur die Postkartenidylle sondern es gibt auch das Dunkle. „Luzerner Totentanz“ geht in die gleiche Richtung. Warum soll man diese Hexenjagd in der Zentralschweiz lesen?

Ich habe versucht Vergangenheit und Gegenwart Luzerns zusammenzubringen. Die Sage der Stränggele kennen viele nicht mehr, obwohl sie an der Luzerner Fasnacht von dem Verein Vuotisheer mit Masken dargestellt wird. Im Entlebuch ist diese Sage, die es in vielen Versionen gibt, noch präsenter. Sie wurde wohl erfunden, um den Kindern Angst zu machen. Ich habe versucht die Hexenjagd, die in der Zentralschweiz sehr gross war und das heutige Mobbing zu verbinden. Als Zürcherin war es auch spannend bei der Recherche,  die historischen Schauplätze in Luzern, die wir bei unserem Rundgang ansehen wie die Bildertafeln des Totentanzes bei der Spreuerbrücke oder die Jesuitenkirche, den Männliturm, zu besuchen und dann in die Geschichte einfliessen zu lassen.

In den 80er/90er Jahren wurden Krimis geschrieben, um neben dem Mord auch noch das soziale Umfeld abzubilden. Heute ist das nicht mehr gefragt, nur noch Schockbilder an Schockbilder wie bei Jo Nesobo. Schreiben Sie nach Lesertrends oder wie Sie etwas sehen?

Ich will wegkommen von den Schockbildern. Die stumpfen ab und sagen eigentlich nichts über die Person aus. In meinem Buch fliesst kein Tropfen Blut und erst am Schluss gibt es einen Mord. Spannend schreiben geht auch ohne Schockbilder. Ich kenne Autoren, denen der Verlag bei der Geschichte Morde vorschreibt, meiner lässt mir alle Freiheit von der Umschlaggestaltung bis zur Geschichte, das geniesse ich.

Wenn Sie Ihr Leben Revue passieren lassen, hat Sie die Bestie Mensch zum schreiben von Krimis veranlast oder war es der Wunsch ihrem Leben im Luzerner Hinterland mit Schreiben mehr Pfiff zu geben?

Weder noch. Ich liebe die Herausforderung einen spannenden Krimi zu schreiben, den Plot aufzubauen, was gar nicht so einfach ist und Geschichten zu schreiben, bei denen der Leser mitraten kann.
Sie sind ja auch Mutter und Ehefrau, wohnen im Luzerner Hinterland. Können Sie sich noch an die Anfänge vom „Luzerner Totentanz“ erinnern. Schreiben Sie nachts? Wo gab es Probleme?

Ich versuche an drei Morgen von acht bis elf Uhr zu schreiben, wenn der Junge und der Mann weg sind. Ein bis zwei Monate gehören der Recherche und dem Grundgerüst bauen, dann schreibe ich drei Monate an der Geschichte. Ich lasse es fliessen und schaue nicht nach Fehlern und Grammatik, das mache ich erst nach dem Abschluss. Klar ist es anstrengend neben den alltäglichen Pflichten noch die Figuren des Krimis in sich zu tragen und manchmal bin ich beim Kochen abwesend, wenn ich an sie denke und es brennt mir etwas an. (lacht).

Ist das Lokalkolorit auch ein Zugeständnis an das Recherchieren. Sie müssen nicht weit reisen oder wollten Sie die nicht endlos etwas hergebende Region von an Anfang als Kulisse?

Mein Verlag macht halt Krimis mit Regionalcharakter und in der Innerschweiz gibt es viel zu entdecken in ihrer Geschichte. Spannend ist auch, wie Deutschsprachige auf meine Sprache, die bewusst so gelassen wurde, wie wir hier sprechen, reagieren in Internetforen. Bei mir heisst es: Ich parkiere ein Auto und nicht, ich parke ein Auto.


Haben Sie Kontakt zu der Krimiszene Schweiz und wie ist es für Sie als scheue Schreiberin nach einem Jahr am Pult vor ein Publikum bei Lesungen zu treten?

Die Deutschschweizerkrimiautoren treffen sich beim Stammtisch in Olten zum Essen und man kennt sich. Ich bin eher ein scheuer Mensch, trotzdem mache ich Lesungen gerne. Gerade ist mein neues Buch „Businessplan Mord“  – wie man erfolgreich einen Krimi schreibt – rausgekommen und zusammen mit Sunil Mann und Nicole Bachmann lesen wir am 27.10.17 im Treffpunkt Hunzikerareal Oerlikon. Mein nächster Krimi kommt im nächsten Frühling und spielt in Zug. Neben dem Schreiben arbeite ich noch in der Buchhaltung und hoffe in den nächsten drei, vier Jahren vom Schreiben leben zu könnnen.


Monika Mansours Luzerner Totentanz 
ist im Emons Verlag erschienen.

Bern – Verdingbueb im Musiktheater Bern

Es ist die Schande des letzten Jahrhunderts in der Schweiz. Die gestohlene Kindheit der Verdingkinder. Nachdem Film hat Plinino Bachmann zusammen mit Barbara Sommer nun eine Bühnenfassung geschrieben, die unter der Regie von Sabine Boss am Musiktheater Bern Premiere feierte.

Zwar hat das Parlament der Wiedergutmachunginitiative zugestimmt und den Opfer 25000 Franken Solidaritätsbetrag zugesprochen, doch der Schmerz den Fremdunterbringung von Waisen und Scheidungskinder von 1800 bis 1980 ist das traurigste Kapitel einer sonst so sich menschlich gebenden Schweiz. Unser Holocaust.
„Der Verdingbueb“ war 2011 ein sehr gut gemachter Kinofilm vom Markus Imboden und ein Publikumserfolg. Wie bei der jetzigen Theaterfassung schrieb Plinio Bachmann das Drehbuch unter der Mithilfe von Sabine Boss.
Die Handlung beginnt zu Beginn der 50ier Jahre, wo Hauptdarsteller Max gespielt von Basler Schauspieler Nico Delpy (Bild oben) im Emmental unsanft aus dem Schlaf gerissen wird und auf den Bauernhof der Bösigers verdingt wird. Als Sohn einer Unverheirateten und Waise hatte er keine Chance in der damals noch armen Schweiz ohne Sozialsystem. Doch nun beginnt noch ein grösseres Leid, den Bösiger gespielt vom Gstaader Andreas Matti trinkt und Frau und Sohn sind gewalttätig wie er.
Doch trotz der Schläge und Demütigungen gibt es Hoffnung in der Beziehung zum Verdingmädchen Berteli gespielt von der Stadtbernerin Miria Strübel und dem Traum nach Argentinien zu gehen, der ihn am Leben hält.
Die Aargauerin Sabine Boss, bekannt als Regisseurin vom „Tatort oder dr Goalie bin ig“ und Swiss Award Gewinnerin zeigt in der Theaterfassung Paralellen zwischen den wirtschaftlichen Verhältnissen die Menschen in Abhängigkeiten und Ausbeutung treibt und dem Menschenhandel. Somit ist „Verdingbueb“ nicht einfach ein Stück Schweizer Geschichte, das mit dem genannten Parlamentsentscheid abgehackt werden kann sondern weitergeht als Parabel über die Verletzlichkeit des Menschen und den Verlust seiner Würde wie bei den Flüchtlingen von heute.
Kommt das 1,45 Stunden dauerte Theaterstück an die Filmfassung mit der ausdruckstarken Leistung des damaligen Laienschauspielers Max Hubacher? Nicht im ersten Teil.
 Nachdem Schreck, dass halt notgedrungen alle Verdingkinder von Erwachsenen gespielt werden, das Bauernhaus in der dunklen Matte überhaupt nicht wie ein Emmentalerhof aussieht und als Zugeständniss an die vielen deutschen Schauspieler Hochddeutsch gesprochen wird mit Brocken Mundart, lahm die Handlung. Im Rhythmus von zehn Minuten tritt zwischen dem mageren Geschehen ein Schauspieler nach vorne und erzählt die Geschichte weiter. Sobald die Spieler im Haus sind hört man sie fast nicht mehr sprechen. So war den der Tenor beim Pausencafe überall gleich. Der Film war besser, hoffentlich ist es auch der zweite Teil des Theaters.
Ja, er ist es und wie. Von der ersten bis zur letzten Minute kommt Spannung auf, wird die Brutalität der Gastfamilie mit den Schlägen und Vergewaltigung und Tötung Bertelis aber auch die Loslösung von Max in einer Dramartugie die Hand und Fuss hat aufgezeigt.
So erhielt am Schluss der „Verdingbueb“ reichlich Applaus und nur schon die Kälte und Verlorenheit mit der die Baslerin Grazia Pergoletti die Bösigerin spielt, ist ein Theaterbesuch wert.
Weitere Informationen zu Verdingbueb hier 

Bern – Reformations-Lichtspektakel vor dem Bundeshaus

Vom 13. Oktober bis 25. November erstrahlt die Vorderseite des Bundeshaus Bern unter dem Titel „Reset“ zu Ehren der Reformation, die vor 500 Jahren begann, bunt. Zweimal täglich um 19.00 Uhr und 20.30 Uhr gibt es  die siebte Ausgabe des Ton- und Lichtspektales. Hier die ersten Bilder.

Die Reformation war eine Zeit, die die Welt veränderte und bis heute nachwirkt, dies ist sich Brigitte Roux, Initiantin und Produzentin sicher. Zusammen mit Starlight Events und Casa Magica aus Tübingen und der Technik von Auviso aus Kriens will sie ihre Sicht auf das, was Calvin, Zwingli, Luther und der Geburt des reformierten Glaubes mit der Zeit zwischen 1517 und 1648 gemacht haben, an die Fassage des Bundeshaus werfen für eine halbe Stunde. Acht Projektoren zeigen die Licht- und Schattenseiten der Reformation und die Soundanlage beim Ständerat sorgt für magische Momente, die wegen des grossen Besucheransturms von Donnerstag bis Samstag noch zusätzlich um 21.30 bewundert werden können.

 

 

 
Weitere Informationen zum Rendez-vous vor dem Bundeshaus  hier 

Bümpliz/Olten – James Gruntz und Ursula Stadler- Witschi

Ein Musiker und eine Schriftstellerin, zwei Generation aber eine Gemeinsamkeit. Sie kommen aus Vorstädten des kanton Berns wie Nidau oder Bümpliz. James Gruntz geht mit „Waves“ auf Hörerfang während Ursula Stadler-Witschi im schmalen Büchlein fragt „Darfs es bitzeli meh sy“.

Wer nun mehr Einfluss auf Jonas Gruntz gehabt hat, ob die Eltern als Hobbymusiker und Lehrer oder der bekannte Jazzmusiker George Gruntz ist nicht beantwortet, aber seit zehn Jahren ist, der mittlerweile in Olten lebende Nidauer als James Gruntz Singer/Songwriter. Bekannt wurde er vor drei Jahren mit dem grandiosen „Belvedere“, jetzt gibt es „Waves“ Mit der Cd stieg er auf Platz fünf in der Hitparade und verabschiedet sich in der dritten Woche schon aus den top 40.
Zu seiner Wohnung gehört ein Stück Garten und dort hält sich James gerne auf, pflanzt Pfefferminze und hört der Natur zu. Ihre Geräusche tauchen zu Beginn und immer wieder als Ueberbrückung auf „Waves“ auf. Der erste Song und Titellied ist sehr vielsprechend und experimentell, doch dann wird es mittelmässig. Zwar versucht James mit Kopfstimme Abwechslung in den Pop zu bringen, doch der ist in den selbstkomponierten Song am Keyboard und Computer schwächer als auf „Belvedere“. Es fehlt die Innerlichkeit, das Spezielle, man alles irgendwo schon gehört und die selberproduzierte Cd ist sehr kurz, man wird schon nach kurzer Zeit von den Wellen weggetragen.
Noch bis April 18 ist der Oltener auf Tournee. Sicher werden der Funk und Pop für Spass sorgen, aber Seven hat mehr Drive.

Ursula Stalder-Witschi

Wer hätte das gedacht. Als das Handy vor zwanzig Jahren salonfähig wurde und später das Smartsphone, dachten wir alle scheuen Schweizer, dass jetzt mehr gesprochen wird, weil wir überall erreichbar sind. Das Gegenteil ist der Fall. Alle starren auf das Display und schreiben Kurznachrichten.
Das macht Ursula Stadler-Witschi nicht, wenn sie in ihrer Nachbarschaft in Bümpliz unterwegs ist. Dann sind alle ihre Fühler ausgestreckt und sie saugt die Gefühle und Augenblicke der Menschen im internationalsten Teil von Bern auf. Es ist das Herz des Alltags, das uns im schmalen Band „Darfs es bitzeli mehr sy“ begegnet. In Berndeutsch erzählen 14 Kurzgeschichten von Begegnungen zwischen Menschen, die quasi Tür an Tür wohnen und sich doch nicht kennen oder eben kennenlernen möchten. Ihre Versuche Nähe, Nächstenliebe zu suchen und doch die Distanz zu wahren, davon schreibt Ursula Stalder Witschi. Beim Lesen ertappt sich der Leser selber, wie er bei seinen Versuchen aus der Einsamkeit rauszukommen selber oft unbeholfen ist und sich wie die Geschichtshelden doch freut, wenn statt einer SMS ein Lächeln oder Spruch oder kurzes Gespräch den Tag verschönert.
Ursula Stadler-Witschi lebt seit 58 Jahren in Bümpliz, kennt den Wandel der Zeit und auch das Bedürfnis via Handy, der Welt alles mitzuteilen. Also seinen sie vorsichtig, wenn sie das nächste Mal im Tram, in der Beiz, im Laden über eine Maschine Privates im öffentlichen Raum mitteilen, eine Bümplizerin names Ursula Stalder-Witschi könnte mithören und daraus Mundartliteratur machen.
 
Buchvernissage 16.10.17 Kirchgemeindesaal Bümpliz
Gruntz James
Waves
EAN 7611698046312
CD ZYT 4631
29.-
Stalder-Witschi Ursula
Darfs es bitzeli meh sy
Geschichte us der Nachbarschaft
Broschiert 90 Seiten
ISBN 978-3-7296-0964-8
24.–

Nähere information zum Zytlogge Verlag hier 

Zürich – OVO vom Cirque du soleil ist nicht das Gelb vom Ei

Mit Spannung wurde die Europapremiere des Cirque du soleil nicht im Zirkuszelt sondern im Zürcher Hallenstation erwartet, zumal der Schweizer Jan Dutler die Hauptrolle in OVO spielt. Doch trotz farbenfrohen Kostümen und brasilianischen Rythmen war es keine Erneuerung des bekannten Konzeptes des Zirkus aus Montreal.

Nach der scheinbar erfolgreichen Nordamerikatournee fand die Europapremiere von OVO quasi vor der Haustüre des Schweizer Clowns und Hauptdarstellers Jan Deutlers aus Hütten Zürcher Oberland statt. Nach einem Chaos am Eingang (rechnen Sie mit viel mehr Zeit als gewöhnlich) und einer Viertelstunde Verspätung begannen die Insekten aus Menschenfleisch in bunten Kostümen als Heuschrecke, Fliege, Marienkäfer sich zu bewegen um ein Ei, ein Symbol für das Oekossystem.
Die erste Aenderung der diesjährigen Ausgabe ist, dass man zwecks erhofter Mehreinnahmen vom Zelt ins Stadion wie dem Hallenstation oder nächste Woche der Arena in Genf geweselt ist. Das ist dumm und heisst für die seitlichen Plätze, dass sie während der zweistündigen Show auf eine mittelgrosse Bühne schauen und dahinter von einem Dutzend Treppenbeleuchter geblendet werden.
Der rote Faden im Programm sind die Insekten, ihre Tänze und das Balzverhalten von Jan Deutler. Der war mächtig nervös, sassen doch im Publikum seine Eltern und Freunde, doch als Stinkfliege hat er noch andere Sorgen. Er will unbedingt den Marienkäfer, gespielt von einer Schwarzen, für sich gewinnen. Anfangs noch witzig sind die verknortzten Bewegungen und das Kauderwelsch  und die clownesken Gestiken des 31jährigen Zürchers, der mit seinem drahtigen Körper noch sehr gelenkig ist, wirkt das Ganze über zwei Stunden in ewigen Wiederholungen bis er endlich die Frau, den Käfer fürs Leben hat, langatmig.
Die Akrobatik auf  dem Seil und andere Akrobatik sind Weltklasse, aber oft schlecht aufgeleuchtet, Besonders im ersten Teil sieht man die Gesichter der Künstler nicht, so düster ist der Raum. Auch sind Körperkünstler bekanntlich klein, aber gelenkig, doch die Armen gehen im grossen Hallenstation verloren. Eine Videoprojektion hätte sie näher gebracht.
Der zweite Teil kam beim Publikum viel besser an, weil die Musik Pfiff hatte, die Clowns sich zu den Leuten trauten und mit ihnen Spässe machten und weil die Zirkusnummern reichlicher waren.
50 Künstler aus 12 Ländern unter der Regie einer Frau namens Deborah Colker vermögen trotz Schweizer Clown und farbenfroher Kostümsverpackung den Zirkus nicht zu erneuern. Der Schweizer Klon, dem man lange vorwarf, er habe den crique du soleil kopiert, hat ihn überholt. Unser Schweizer Salto natale ist poetischer, bringt dank einem Zelt mehr Zirkusatmosphäre und Nähe zu den Artisten und dem Geschehen mit sich. OVO ist nicht das Gelbe vom Ei.