Immensee – Zu Besuch bei Feuerring-Designer Andreas Reichlin

 

Die Rigi zu rechten Seite, die Glarner Alpen im Weitblick und den Zugersee zum morgendlichen Schwimmen vor der Haustür, so wohnt der Erfinder des indirekten Grillierens mit dem skulpturalen Design, Feuerring genannt, Andreas Reichlin in Immensee. Ein Interview mit dem Schwyzer über seinen Lebensweg und Sinnfragen.

Andreas, erinnerst Du Dich noch an den Augenblick, wo Du Dir sagtest, dass Du Künstler wirst und welchen Einfluss spielte die Region um die Rigi und Zugersee dabei?
 
Bereits in der ersten Klasse wusste ich in dieser Wohnung, die meinem Onkle gehörte, dass ich Holzbildhauer werden möchte. Er war Holzbildhauer und schnitzte Wurzeln, was mich wie die Arbeiten aus der Werkstatt eines Freundes von meinem Vater faszinierten. Ich mache eine vierjährige Lehre als Holzbildhauer, dann ginge ich in die Bildhauerschule nach Mühlheim, Kanton Thurgau und lernte zu arbeiten mit dem, was in mir innen schlummert.
Ich wuchs am Sonnenfels, ein traumhafter Ort am Immensee, den sogar Goethe auf seinen Reisen erwähnte, auf
Ich war ein Einzelgänger in der Kindheit und oft alleine im Wald, segelte und surfte, suchte Pilze, war ein naturverbundenes Kind.
Neben dem Feuerring bist Du ja auch bekannt für Deine Stahlplastiken. Welches Stilmittel wählst Du, um welches Gefühl auszudrücken?
 
Nach der Bildhauerschule ging ich nach Paris und lernte Aktzeichnen, welches wichtig ist für die Proportionen, die sich nach dem Menschen richten, was Gross und Klein ist. Ohne diese beiden Ausbildungen würde der Feuerring nicht so skulptural dastehen wie er nun ist.
Reduktion auf das Wesentliche ist das Stichwort für Deine Arbeit. Ist das für Dich auch ein Weg Dich vom Alltagsmüll zu befreien und zu Dir selbst vorzustossen?
 
Von dem Moment an, wo man Kunst macht, ist man ganz klar bei sich selbst. Kunst ist etwas sehr Persönliches. Mich interessierte immer, mit Wenig Viel auszusagen. Ich bin auch nicht im privaten Rahmen der grosse Redner. Ich bin ein Eigenbrötler und mag das, wie auch einige aus meiner Familie es sind und waren. Würde ich mich besser mit Worten ausdrücken können, wäre ich Schriftsteller geworden, so wurde ich Bildhauer.
Wie wichtig ist es für Dich mit Deiner Kunst etwas für die Nachwelt zu hinterlassen?
 
Wenn Du die Kunst ansprichst, war das Hinterlassen für mich bis dahin in der Bildhauerei. Mit dem Feuerring definiere ich mich nun als Designer. Der Feuerring wird schon von Hand gemacht, aber halt als Serie. In der Kunst hast du Unikate. Mit dem Feuerring haben wir eine Vision und wir arbeiten daran ein Klassiker zu werden. Früher konnte ich schlecht nein sagen, seit ich die Vision des Feuerring habe, gehe ich einen Weg und nichts rechts und links bringt mich davon ab. Es ist für eine Herausforderung, dass jedes der 15 Modelle in sich stimmig ist. Ich habe zwei Patente auf dem Feuerring, die ihn europaweit schützen. Der Feuerring wird auch in 300 Jahr gesellschaftlich noch funktionieren.
Ja und ich weiss, wie meine Urne mal aussehen wird. (lacht)
Auf dem Weg vom Bahnhof Rotkreuz nach Immensee sahen wir, wie die Natur sich in Stille  gestaltet mit Blühen im Frühling. Wie wichtig ist für Dich nach den Beziehungen zu Kunden im Arbeitstag Stille?
 
Das ist noch spannend, was Du sagst. Ein englischer Filmstudent, der einen Film über mich drehte, sagte, dass der Arbeitsprozess eines Bildhauers unheimlich laut sei, aber meine Formen dann still dastehen. Auch der Feuerring, indem nun auf dem Balkon ein Feuer brennt, ist in sich still, weil er so reduziert ist in seiner Form.
Ich liebe Stille. Ich liebe das leise Rauschen der Bäume hier am See und kann auch die Balkonfenster der Wohnung schliessen und nur die Aussicht auf den See geniessen. Leider komme ich im Moment wenig dazu.
 
Was macht der Andreas Reichlin, wenn er nicht Künstler oder Designer ist?
 
Ich mache ein Feuer. Flammen haben für mich etwas sehr Entspannendes. Ich gehe auch gerne aufs Wasser. Ich habe ein Ruderboot und lasse mich auf dem Zugersee treiben.
 
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Rechthalten – David Bielmanns Roman über die Ermordung der Christina Aeby

Der Mord an der 21-jährigen Christina Aeby 1820 erschütterte die Dorfidylle von Rechthalten im Kanton Freiburg. Die Landjäger begannen mit den Ermittlungen und überführten einen Mann, doch war dieser der Mörder? Der Lehrer und Romanschreiber geht in seinem neusten Buch „Im Schatten der Linde“ dieser Frage nach.

David Bielmann, Sie leben in Rechthalten im Sensebezirk, da ist nicht viel los. Haben Sie deshalb den 1820 geschehenen Mord an der 21-jährigen Christina Aeby ausgegraben für Ihr neues Buch oder was hat Sie an diesem Fall interessiert?

In Rechthalten oder allgemein im Sensebezirk geht manchmal schon die Post ab, ich hätte also gut über etwas Aktuelleres schreiben können. Aber der Fall Christina Aeby ist in Rechthalten auch nach fast zweihundert Jahren nicht vergessen, in den Köpfen der Leute ist er nach wie vor präsent. So gesehen ist der Mord auch heute noch aktuell.
Mich hat zunächst vor allem interessiert, was damals wirklich geschehen ist. Der Roman basiert auf den Originalakten, die ich im Freiburger Staatsarchiv eingesehen habe.

 
Der Mörder der Rechthalten-Stini wurde gerädert, doch es war wohl der Falsche und auch Ihr Buch kennt den Richtigen nicht. Ist “Im Schatten der Linde” neben der Aufarbeitung der Geschichtsakten auch eine Anklage gegen die Justiz der damaligen Zeit?

Ich würde nicht behaupten, dass der Falsche gehängt worden ist. Aber ja, ich habe bewusst noch andere Verdächtige ins Spiel gebracht, um ein kritisches Licht auf die Justiz jener Zeit zu werfen – schliesslich erfolgte das Geständnis in der Folterkammer.

 

Der Sensebezirk ist ja bekannt unter vorgehaltener Hand für seine Seilschaften und dass man vieles in Eigenregie dem Frieden zuliebe regelt. Der Mord und die Verurteilung sind eine Sache, das andere war die geänderte Stimmung über Jahre in der Region gegenüber Fremden?

In der Region sind ja viele Leute auch heute skeptisch gegenüber Fremden, wie etwa die Diskussionen um das Bundesasylzentrum zeigen. Ich kann mir gut vorstellen, dass man damals einen Fremden, der kurz nach dem Mord im Dorf aufgetaucht ist, besonders kritisch betrachtete. Man kann die Szene im Buch also auch als Anspielung auf die Fremdenangst von heute lesen.

 

Sie wohnen in der Nähe des Gedenksteins zum Mord  in der Tächmatt, was sicher bei der Inspiration half. Welche Unterschiede im Schreiben des neuen Romans bemerkten Sie oder mussten Sie gar lernen zu den früher veröffentlichten Gottéronkrimis?

Zuerst einmal habe ich vor dem Schreiben ziemlich lange recherchiert: Einsicht der Akten, Transkription der Akten, Lektüre von Texten zum frühen 19. Jahrhundert … Dann musste ich mich beim Schreiben auch an diese Recherchen halten, ich durfte mir nicht alle Freiheiten nehmen wie etwa bei den Gottéron-Krimis. Auch die Sprache musste der Zeit gerecht werden. Beim Schreiben meines ersten historischen Romans habe ich also einiges gelernt.

 
Als Lehrer an der Freiburger Berufsschule unterrichten Sie in der Hoffnung auch mittelmässige Charakteren auf den sozialen Weg zu bringen. Bei Schreiben tauchen Sie dann in die Abgründe des Menschen ein. 
Unterrichten, Ehemannsein, Schreiben. Was macht der David Bielmann im schönen Sensebezirk, wenn er nicht in der Geschichte wühlt und sich erholen will?

Ich lese, höre Musik, spiele Gitarre, mache und verfolge Sport. Und ich verreise auch mal gerne für ein paar Tage.
 
Alle Fotos copyright Fabienne Bielmann, Dimorph.ch
 
 
Weitere Informationen zu David Bielmann hier
 
Das Buch Im Schatten der Linde erschien im Zytglogge Verlag. Bestellung hier

Willisau – Neue Herzroute durch den Napf eröffnet

Die Nummer 399 auf roten Pfeifen zeigt ab heute E-Bikefahrer den Weg auf 154 km durch den Napf. Stadtrat und Käsermeister Pius Oggier eröffnete zusammen mit den Verantwortlichen der Herzroute im Rathaus Willisau die neue Teilstrecke der Herzroute und lud gleich zu einer erste Fahrt ein.

Von Willisau kennen die meisten nur das Jazzfestival und so musste der Busfahrer manchen der 80 angereisten Liebhaber der Herzroute erklären, wo das Stadthaus sei, wo auf dem Vorplatz nach Reden, Pius Oggier um 10.30 Uhr das rote Band durchschnitt und die Veloland Route 399 mit 154 km in drei Tagesetappen als neuer Abschnitt der Herzroute freigab.
Schnell auf den neuen Flyer durchs Stadttor und im Ohr halt noch die Rede von Paul Hasler, dem Erfinder der Herzroute, nach, der sagte, diese Route sei eine Entdeckungsfahrt durch Hügel und Täler einer noch sehr ursprünglichen Gegend, die von der Ueberbauung verschont worden sei und er hat mit dem Eintritt ins Mühlebachtal recht. Bauerhöfe hie und da und Kirchbäume, die blühen sonst viel Grün.
Mit einigen Hügel auch stotzig aber das ist ja der Napf ein dauerndes Auf und Ab und wenig Verkehr, so dass man ruhig als Stadtmensch auch mal vor sich hinträumen oder -summen kann.
Die hochwertige Landschaftskultur wird plötzlich unterbrochen, als Frauen bei Walter Leuenberger in Ufhusen am Weg stehen und zu Tee und Gepäck einladen. Natürlich kommen jetzt die Sprüche, ob das den auch nach der Premiere so sei und alle lachen, aber wenn auch nicht, auf der Napfstrecke hat es Beizli und Hoflädeli.
Nach dem Snack geht es in den Wald und dann leider etwa eine halbe Stunde über sehr viel Schotter und Gestein.
Die betonfreie Strasse verunmöglicht ein Schauen in die Landschaft, doch dann kommt das Emmental und das Gemüt wird bei Sommertemperaturen im April mit einer Panoramasicht belohnt. Klar der Weg nach Sumiswald ist nicht ohne und oft braucht es für die Bernerseite die Highunterstützung. Diese sollte man aber wieder schnell zurückschalten sonst langt der Akku nicht bis Langnau.
Die Napfroute ist trotz der Kurven und Hügel eine, wo man die Seele baumeln lassen und das Grüssen der Senioren auf den Bänkli vor den Höfen erwidern und viel Natur pur geniessen kann.
In Sumiswald wurde im Zuge der Herzroute das Bed und Breakfast Schlafschloss eröffnete und auch sonst gibt es auf diesen 154 km mit 37000 Höhenmeter Uebernachtungsmöglichkeiten.
Als nächste Etappe will sich das Herzrouteteam die Genferseegegend annehmen.
 

Bern – NS-Raubkunst von Gurlitt zum zweiten Mal im Kunstmuseum Bern

 

Gurlitts Kunstsammlung bewegt die Welt. Sechs Jahre nach deren Fund zeigt das Kunstmuseum Bern bis zum 15. Juli unter dem Titel „Der NS-Kunstraub und die Folgen“ 130 Werke von denen den Meisten weder ein NS-Bezug belegt noch mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann.

Die Naziterror wirft lange Schatten, von dem der Kunsthandel nicht ausgeschlossen ist. Wie der Erziehungsdirektor des Kantons Berns Bernhard Pulver anlässlich der Pressekonferenz erklärte, hätte man nach der Annahme des Erbes Gurlitts auch sagen können, wir stellen schöne Bilder aus. Der Betrachter wird diese auch als Erstes so wahrnehmen im Untergeschoss des Kunstmuseums Bern, doch wenn spätestens ein Handel mit diesen Werken betrieben wurde, und das wurde mit den aktuellen Ausstellungswerken, gelangt das Kunstwerk in einen gesellschaftlichen Prozess mit einer historischen Dimension, das für die Erben Verantwortung und Einfühlungsvermögen erfordert. Bern nahm dieses an.
Mitarbeiter der Provinzforschung  hatten bis dahin einen einfachen Job, dass hat sich mit dem 1557 Werken Gurlitts schlagartig verändert. Die aktuelle Ausstellung im Kunstmuseum Bern ist demnach der Istzustand der Forschung und der kann sich innert Wochen schnell ändern, je nachdem, was Neues über den Verkauf und Käufer rausgefunden wurde.  Zwar sind die Raubkunstbilder mit eindeutigem NS-Bezug in der Ausstellung nur Leihgaben, doch das Thema ist so aktuell, dass auch andere Museen ihre Bestände durchforschen und der Kanton an der Uni eine Abteilung aufbauen will, damit endgültig geklärt werden kann, was den der Kunsthändler Gurlitt mit den Claude Monets, Max Beckmann und Auguste Rodin gemacht und an wen er sie verkauft hat. Klar ist, dass auch Hiltler Abnehmer war. Während der Krieg tobte, richtete er sich in Linz ein Museum ein und kaufte bei Gurlitt in Paris ein.
Zwar war die Schweiz nie am Weltkrieg beteiligt, aber das Thema und der Zweifel, was nun Kunst- und was Raubzug ist, wird die Kunstwelt und Politik bis zum Schlussbericht Ende Jahr noch beschäftigen.
Die aktuelle Kunstausstellung in Bern ist beliebig und ohne den historischen Bezug eine, die Werke vom 18. bis 20. Jahrhundert und kreuz und quer enthält und ebenso zeigt.
Texte an den Wänden ordnen die wichtigsten Raubzugwerke ein und liefern Erklärungen. Die kurze Ausstellungsdauer von drei Monaten und das geringere Medieninteresse am heutigen Tag, ist sicher auch damit zu erklären, dass die Kunstwelt auf die grosse Gurlittausstellung im September in Berlin wartet, die dann die entartete, als von den Nazis beschlagtnamten und weiterverkauften Werke und den Kunstraub, der den Juden abgenommen wurde, zusammen zeigt.
Bildlegenden:
1
Max Beckmann Zandvoort Strandcafé, 1934 Aquarell und Gouache auf Vergépapier, 49,8 x 64,8 cm Legat Cornelius Gurlitt 2014, Provenienz in Abklärung Foto: Mick Vincenz © Kunstmuseum Bern und Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
2
Conrad Felixmüller Paar in Landschaft, 1921  Gouache auf Velinpapier, 58,8 x 44,6 cm Kunstmuseum Bern, Legat Cornelius Gurlitt 2014 Provenienz in Abklärung /aktuell kein Raubkunstverdacht Foto: Mick Vincenz © Kunstmuseum Bern und Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
3
Auguste Rodin Kauernde, um 1882 Marmor, 33,5 x 27,5 x 18 cm Kunstmuseum Bern, Legat Cornelius Gurlitt 2014, Foto: Mick Vincenz © Kunstmuseum Bern und Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH
4
Auguste Renoir Porträt Victor-Henri Friedel, 1892 Öl auf Leinwand, 24 x 19 cm Kunstmuseum Bern, Legat Cornelius Gurlitt 2014, Provenienz in Abklärung / aktuell kein Raubkunstverdacht Foto: Mick Vincenz © Kunstmuseum Bern und Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH

Zermatt unplugged – Vernonica Fusaro und Emeli Sandé in Höchstform

Zermatt unplugged heisst für Newcomer auch bei sechs Grad auf die Aussenbühne des Alex. Die singende Thuner Soziologiestudentin Veronica Fusaro liess sich davon nicht abschrecken und verzauberte die Zuschauer. Und welche Stimmung verbreitete die schottische Soul Sängerin Emeli Sandé abends im Zelt?

Ihr Kellerzimmer habe nur ein kleines Guckloch in Thun, wo sie ihre Songs am Computer, Gitarre oder Keyboard komponiere, erklärte Veronica Fusaro die Gäste an den Tischen auf der Terrasse des Alex auf. Eigentlich war Mittag und Zeit zum Essen, doch die rund sechzig Zuhörer älteren Alters rührten oft keine Gabel und zückten kein Handy, so sehr hingen sie aufmerksam an den Lippen der Thunerin.Vor wenigen Wochen bei den Music Awards mit dem Newcomerpreis ausgezeichnet und seither an jeder Musikveranstaltung dabei, ist die Singer/Songwriterin die Musikerin des Jahres, die mit ihren sehr minialistischen Songs, einer immer gleichen Stimmlage, mit Brille und Jeans unsere Nora Jones der Schweiz ist und gefällt. So sehr, dass sogar viele Balkontüren aus der Umgebung des Alex aufgingen und Senioren zuhörten und begeistert klatschten, den eines muss man  Vernonica Fusaro mit ihrer auf den ersten Blick kühlen Ausstrahlung lassen, ihr Englisch ist trotz italienisch-schweizerischen Wurzeln astrein.

 

 

Die 31jährige Emeli Sandé hat einen ungewöhnlichen Familiennamen in Sunderland Schottland weil ihr Vater aus Sambia stammt. Sie trägt gerne auffällig gefärbte Haare, die sie von ihrem Schatten unterscheidet. Obwohl beide das gleiche Stimmvolumen haben, gewann Adele bisher den nie ausgesprochenen Wettbewerb. Als Emeli Sandé 2011 mit „Our Vison of Events“ überall auch in der Schweiz Gold gewann, hatte nicht nur England eine neue Soulstimme und Star, doch dann kam Adele und hat alles gewonnen, was es im Musikgeschäft zu gewinnen gab. Sandé backte fortan kleinere Brötchen und wartete fünf Jahre mit der nächsten Plattenveröffentlichung bis Adele in Pause ging. Zu spät. „Long live the Angels“ hat auf dem Festland keine grossen Spuren hinterlassen. Nun müssen es die Liveauftritte wie bei Art on Ice oder Zermatt unplugged richten, damit die Karriere weitergeht.
Das ausverkaufte Konzert war ein Triumph, weil Emeli Sandé die 90 Minuten von der ersten Minute an mit ihrer Stimme, in der immer die Geschichte ihres schwarzen Vaters mitschwang, nutzte, um mittels des intelligenten Pops Botschaften über die Worte, für die sie sich immer sehr viel Zeit nimmt, zu transportieren. Freiheit, ob innerliche oder äusserliche war oft das Thema und die Walliser kamen auch in den Genuss einer Weltpremiere. Weil Emeli  zwischen Konzerten der aktuellen Tournee Zeit hatte, besuchte sie das Konzentrationslager Dachau und schreib „Free as a bird“, das sie nun auf der Zeltbühne zum ersten Mal sang.
Der warmherzige Gig, der stets etwas von einer Predigt in der Kirche hatte, bewegte die Zuschauer sehr. So fielen beim letzten Song Paar einander in die Arme, küssten sich, Fremde lachten einander an und ein alter Mann, der schon seit Jahren ans Zermatt unplugged kommt, nahm sein Taschentuch hervor und wischte sich eine Träne aus den Augen und flüsterte seiner Frau ins Ohr: Das war das beste Konzert, das ich je gesehen habe. Recht hat er.
Fotos von Emeli Sand von Nick Lobeck und Mauro Pinterowitsch

Zermatt unplugged – Kodaline und Sarah Connor oder wenn die Mutter die Jungs wegrockt

Die 11. Ausgabe des Zermatt unplugged bot am ersten Tag Konzerte, die wie das Aprilwetter tagsdurch war, stark durchzogene Irren und eine schon den Frühling spürende Deutsche.


Nachdem die Plattenverkäufen im digitalen Zeitalter zurückgingen, war und ist das Livekonzert die Visitenkarte der Künstler, der sich aus der Fülle der Festivals, das raussuchen kann, das die beste Gage zahlt und einen Ruf hat. Und manchmal ist ein Auftritt an einem Festival auch eine Art Entschuldigung. Nachdem Kodaline die ganze Europatournee abgesagt haben, weil das dritte Album noch nicht fertig sei, fuhren Fans aus ganze Europa mit der roten Matterhornbahn an, um wenigstens das Zückerli mit dem einzigen Konzert für dieses Jahr in Zermatt anhören zu können und sie wurden enttäuscht.

 

Die vielen Kerzen auf der Bühne waren der perfekte Hintergrund für die ersten 40 Minuten von Kodaline, die eine Ballade an die andere anhängten und im nicht ausverkauften Zelt Lagerfeuerromantik zauberten, doch etwas stimmte mit Sänger Steve Garnjan nicht. Er vergass einmal den Text, schwankte, machte zu lange Pausen zwischen den Songs und dann kam er mit der Erklärung, er habe sich,  seit er in Zermatt sei, erkältet an. Seiner hohen Stimme machte das aber nichts aus, sie klang laut und klar,  aber auch später als es rockiger wurde, hatte man das Gefühl, er sei nicht bei der Sache oder mit den Gedanken noch in der Produktion des neuen Albums. Etliche Gäste verliessen den Saal, weil einfach keine richtige Stimmung aufkam und es trotz harmonischem Gesang von vier Irren ein Konzert wurde, das ohne Zugabe zu Ende ging und irgendwie vermuten lässt, dass diese Gruppe ihren Zenit überschritten hat und darum nicht auf Europatournee geht.
Eigentlich wäre es ja „let get to back to bed boy“gewesen, wie Sarah Connor erster Hit 2001 hiess, als sie 22.45 Uhr die Bühne des Alex betrat.
Die Deutsche mit amerikanischem Vater aus Delenhorst war zu Beginn des Jahrhunderts zehn Jahre der deutsche Star schlechthin gewesen, der mit „From Sarah with love oder Bounce“ in den Hitparaden bis nach Australien vertreten war, doch dann floppte das letzte englischsprachige Album und Sarah, der Popstar,  zog sich fünf Jahre aus dem Musikgeschhäft zurück, wurde mehrfach Mutter und kam 2015 als Singer/Songwriter  mit dem deutschsprachigen Album „Muttersprache“ zurück, das fünffach Platin erhielt.

Im ausverkauften Alex herrscht von der ersten bis zur hundersten Minute eine Bombenstimmung, weil Sarah eine reiche Palette von Pop, Soul bis Hardrock bot und geschickt dazwischen die deutschen Lieder mit den tiefgründigen Texten einbaute. Sie kämpfte zwar mit Stromausfällen, machte dies aber mit Spässen mit dem Publikum wett und bot den vielen Mädels im Publikum Frauenpower und den Männern sexy Tanzeinlagen. Als „Wie schön du bist“ verklang, stampfte und klatschte das Publikum wie wild und Sarah Connor kam mit ihrer sechsköpfigen Band zurück und gab drei Zugaben.

Fotos von Kodaline von Nick Lobeck

Mürren – Trauffer rockte die kleine Scheidegg

Wie im Mittelland herrschte auf der kleinen Scheidegg beim 21. Snowopenair Frühlingsstimmung bei acht Grad und 9500 Zuschauer stampften den Restschnee beim Alpenrock von Tauffer oder AnyMacDonald in einer Art Ballermannstimmung zusammen.

Das Snowopenair ist ja immer auch eine Bühne für neue Talente aus dem Berner Oberland. Während Rapper Julian den Tag eröffnete, bestiegen in der Zahnradbahn von Lauterbrunnen die Traufferfans mit einem Gettoblaster die Bahn und übten auf der Fahrt in den Schnee der kleinen Scheidegg seine Hits.
2011 hatte der Brienzer noch Rapper Julians Aufgabe und sieben Jahre später ist er Gölas grösste Konkurrenz um den Königsthron als erfolgreichster Musiker der Deutschschweiz.  Wie er am Ende seines Gigs verriet, war das Snowopenair sein Tourneeauftakt und zum Abschluss wird er wenige Wochen vor Gölas Auftritt im Oktober im Hallenstation auftreten.
Dort haben noch einige die Nase gerümpft, als er seine neue Cd mit Fahnenschwinger, Jodler und Alpenchalet im Februar vorstellte bei den Swiss Music Awards. Nun sah das Bühnenbild auf der Scheidegg genauso aus. Um 13.30 Uhr öffnete Trauffer verkleidet als Alpjunge seine Chalettür und rockte dann das Publikum auf 2061m über Meer.
Der Alpenrock sprang sofort auf die Oberländer über und begeisterte auch, wenn Trauffer zwischendurch mal sanftere Töne anschlug. Seine Musik wird wohl in zehn Jahre, wenn der Hype verflogen ist, als billige Unterhaltung abgetan werden, jetzt war sie genau das Richtige für den Ballermann in den Alpen.
Vor Trauffer war der Halbbrasilianer aus Zürich Marc Sway dran und enttäuschte etwas. Seine Fröhlichkeit, der tanzbare Rhythmus wollte nicht so recht auf das ganze Gelände übergreifen, weil die Wortphasen zwischen den Songs viel zu lange waren.
Nach Trauffer war die Schottin Any MacDonald dran, die vor elf Jahren mal Inspiration hatte mit der CD „This is The Life“ und seither sich selber wiederholt, doch die Schweiz liebt sie, weil sie und ihre Band hervorrangende Musiker sind und für Stimmung sorgen bei Jung und Alt, wobei letztere als Ue30 sicher in der Ueberzahl waren an dieser Snowopenairausgabe, die im nächsten Jahr DJ Antoine auftreten lässt.

Sempach – Die Stille am Himmel oder warum soviele Vögel sterben

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Wir bestimmen, was in der Natur lebt oder stirbt. Wer diesen Frühling mal nicht aufs Handy starrt sondern zum Himmel hört, vermisst oft Amsel, Drossel, Fink und Star und viele mehr. Biologe Michael Schaad von der Vogelwarte Sempach über das Verschwinden der Vögel und einer Lebensqualität.

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Der Frühling kommt zwar langsam, aber in meiner ländlichen Umgebung höre ich weniger Amseln als früher dafür unzählige Raben. Ein Sinnbild für das Sterben der Vögel oder?

Die Amsel gehört zu den häufigsten Schweizer Brutvögeln. Ihr Bestand nimmt schweizweit zu. Sorgen machen wir uns mehr über den Rückgang einst häufiger Arten, wie etwa der Feldlerche. Allerdings ist ihr Rückgang nicht einfach eine Folge des leisen Sterbens sondern Ausdruck des Unwillens des Menschen, ihr geeignete Lebensräume zur Verfügung zu stellen. Im Falle der Feldlerche ist das eine Landwirtschaft, in der Wiesen so bewirtschaftet werden, dass die Vögel zwischen zwei Schnitten genügend Zeit haben, Nachwuchs grosszuziehen.

 

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Menschen sind in der Ueberzahl und haben Hunger, Vögel aber auch. Warum reagierte der Bund nicht auf das Vogelsterben und erlässt Richtlinien für das Pflanzen und Bauen für Mensch UND Tier?
Ich bitte Sie, den Bund mit dieser Frage zu konfrontieren.

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Nach den Bienen nun also die Vögel, die streben. Hat die ganze Diskussion der letzten Jahre über die Biodiversität und die Forderung aller Umweltschutzverbände, bei denen die aufs Geld und Profit aus sind, nichts bewirkt?

Das Engagement von Umweltverbänden und Landwirten zeigt punktuell sehr wohl Wirkung. Schweizweit nehmen die Bestände vieler Vogelarten allerdings nach wie vor ab. Der Erhalt und die Förderung der Biodiversität in der Schweiz kann nur gelingen, wenn die ganze Bevölkerung beim Konsum, bei Wahlen und Abstimmungen sowie bei der Gestaltung ihres Gartens mithelfen.

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Neben den Raben sind aber auch Störche in der Anzahl gewachsen. Ist es einfach das Pech der Singvögel, dass sie so klein, zierlich, scheu sind und zu wenig frech wie Raben oder Ratten, Füchse, die sich aus der Zivilisation anderswo nehmen, was Mutter Natur nicht mehr an Nahrung hergibt?

Wir beobachten, dass wenig anspruchsvolle Vogelarten von der Banalisierung der Landschaft, dem Siedlungswachstum und der intensiven Landwirtschaft profitieren. Auch viele kleine Singvogelarten sind sehr anpassungsfähig und nehmen daher im Bestand zu, so etwa im Siedlungsraum.
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Was sollte der private Gärtner und Grünflächenbesitzer vermeiden beim Bepflanzen der seines Gartens zugunsten der Vögel?

Verzichten Sie auf den Einsatz von Gift – wogegen auch immer. Und gestalten Sie Ihren Garten so, dass Vögel, aber auch Insekten Nahrung und Nischen für die erfolgreiche Fortpflanzung finden.

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Weitere Informationen über einen vogelfreundlichen Garten und über Vögel und die Arbeit der Vogelwarte Sempach  hier

Anmerkung: Das Interview wurde via Mail mit Biologe Michael Schaad geführt und es war sein Wunsch nicht mit Bild zu erscheinen.

 

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