An der Premiere, der bis zum 26. August aufzuführenden Oper „La Cenerentola“ von G. Rossini, gaben sowohl die Natur mit der Guthitze und der Sonnenfinsternis wie die Operndarsteller und Musiker der argovia philharmonic Höchstleistungen im Schloss Hallwyl. Das Publikum feierte die dreistündige Aufführung mit langem Applaus.
Die erste Ueberraschung für den Zuschauer ist die Linde im Schlosshof, die dieser Tage Schatten spendet und den Blick freigibt auf die zweite Ueberraschung das Bühnenbild. Auf dem Kubus von Manuel Kolip entworfen, stehen ein Glücksrad, eine Badewanne und ein Haartrockner und dahinter stets ersichtlich Dirigent Douglas Bostock und das Orchester argovia philharmonic.
Die modernen Requisiten lassen auf eine dem Heute angepasste Fassung der Oper von 1817 durch Regisseur Johannes Pölzgutter schliessen und schon die ersten Minuten erzeugen Lacher im Publikum. Zwei Tussis machen, was viele Mädchen tun, die nichts zu bieten haben ausser ihr Aussehen, sich schön für die Brautwerbung. Das tun die zwei so übertrieben, dass das Lachen im Publikum weitergeht und man meinen könnte, die Oper sei eine Komödie. Doch es gibt eben auch ganz rechts auf der Bühne die Magd Angelina.
Um diese einfach gekleidete Frau, gespielt von der Mezzosopranistin Wioletta Hebrowska aus Polen, die jetzt noch Socken zusammenlegt, geht es in den nächsten drei Stunden inklusive Pause. Ihr Weg vom einfachen Mädchen, das den Prinzen findet, ist auch die Hoffnung von vielen Frauen. Und so erstaunt es nicht, dass die Aargauer vor zwei Jahren gerade diese Oper von G. Rossini in der Auswahl zum Sieger gewählt haben.
Die vielen Irrungen, Wirrungen, Stolpersteine, Stutenbisse und Hiebe gegen Cenerentola bis zum Ziel sind der rote Faden der italienischen Oper. Auch wer der Sprache nicht mächtig ist und sie wird auch nicht wie oft üblich übersetzt, findet sich dank den vielen Requisten und Symbolen in der Handlung zurecht.
Der erste Teil ist rasant und modern wie eine Castingshow inszeniert, die Musik geht wegen der Slapstick verloren. Der zweite Teil wird dem Begriff als „semiseria“ Oper dank konventioneller Inszenierung und feinfühliger Zeichnung der Figuren gerecht.
Die Darsteller singen ohne Mikrofon und nicht alle können mit ihren Organen dem Aussenlärm vom See und der Strassen entgegenhalten. Neben Angelina Wioletta Herbowska fällt ein Jurassier aus dem kleinen Ort Courtetelle auf. Als Dandini (Diener) stellt sich Alexandre Beuchat erstmals einem grösseren Deutschschweizerpublikum als Bariton, der auch schauspielerisches Talent hat, vor.
Wer gerne Grimms „Aschenbrödel“ mochte und heute bei royalen Hochzeiten und Instagram dem schönen Schein als Sein erliegt, dem sei die Oper „La Cenerentola“ als Geschichte, die lernt, dass Frau, die Liebe findet, weil sie es moralisch verdient und nicht weil sie schön ist, mit der Musik des italienischen Belcanto empfohlen.
Weitere Informationen zur Hallwyler Oper La Cenerentola hier