Naters – Skiweltmeister Daniel Albrecht und die Gipfelkunst auf dem Aletschgletscher

Ohne Ski aber mit Seilen und Pickel begleitete der Fiescher Daniel Albrecht Jugendliche aus dem Oberwallis und Zürich, die zwei Lärchenhölzer des Berner Oberländerkünstler Dominic Müller auf den Grossen Aletschgletscher trugen, um auf die Folgen des Klimawandels auf die Gletscher aufmerksam zu machen.

Daniel Albrecht, herzlichen Dank, dass du heute Zeit gefunden hast, unser Projekt «Gipfelkunst» zu begleiten. Was macht der Ex-Skistar und Weltmeister, wenn er nicht gerade mit der Welterbe-Stiftung unterwegs ist? 

Als Besitzer der Mondhaus GmbH engagiere ich mich dafür, ökologisch sinnvoll und gleichzeitig gesundheitsbewusst zu bauen. Wir nutzen für unsere Vollholzhäuser einheimisches, unbehandeltes Mondholz und verzichten auf naturfremde Stoffe wie Leim oder künstliche Isolationen. So entsteht Wohnraum, der der Natur und uns Menschen guttut. Ich selbst lebe mit meiner Familie in einem solchen Haus und bin damit rundum zufrieden. Natürlich bin ich auch in meiner Vaterrolle sehr glücklich – ich verbringe viel Zeit mit der Betreuung meiner dreieinhalbjährigen Tochter Maria.

Was hat dich dazu bewegt, unser Sensibilisierungsprojekt zu begleiten?
 Es ist eine tolle Sache, wenn Kinder und Jugendliche, die teilweise noch gar nie in den Bergen waren, die Möglichkeit bekommen, den Gletscher und seine Umgebung hautnah zu erleben. Das hat man heute auch gespürt und die strahlenden Gesichter geben einem sehr viel zurück. Zusätzlich hat mich die Verbindung mit der Holzkunst angesprochen, weil ich mich ja nun auch seit über fünf Jahren mit Holzarten, ihrer Herkunft und ihren Eigenschaften befasse.

Du bist quasi mit Blick auf den Grossen Aletschgletscher aufgewachsen. Was geht dir heute durch den Kopf, wenn du auf den Gletscher und seinen aktuellen Stand siehst? 

Es ist bedrückend, die Markierungen des Hochstandes zu sehen. Mir kommen dabei immer wieder die Worte und Erzählungen meines Vaters in den Sinn. Er hat mich schon als kleiner Junge darauf aufmerksam gemacht, dass der Gletscherstand seit 1870 ständig am Sinken ist. Ich werde meiner Tochter schlussendlich wohl genau die gleichen Worte mit auf den Weg geben.


Deine Enkelkinder werden nicht mehr viel vom einst so majestätischen Aletschgletscher sehen können. Was wirst du ihnen dazu erzählen?


Ich werde ihnen von dem mächtigen Eisstrom erzählen, auch wenn man sich das dann sicher kaum mehr vorstellen kann. Das zahlreich vorhandene Bildmaterial wird dabei sicher nützlich sein. Dass solche eindrücklichen Erlebnisse wie Gletschertouren und Wanderungen nicht mehr erlebbar sind, wird aber ein riesiger Verlust sein.

Als Schneesportler ist man auf Gletscher, kalte Winter und Schnee angewiesen. Aber das Leben eines Skiprofis ist alles andere als klimafreundlich. Hast du dir während deiner aktiven Karriere darüber Sorgen gemacht? 


Es ist tatsächlich ein enormer Konflikt – dessen war ich mir auch bewusst. Mir war klar, dass ich mit meinem Beruf klimatechnisch kein Vorbild sein kann. Ich war deshalb sehr darauf bedacht, wenigstens im Privaten ökologisch sinnvoll zu handeln: Also beispielsweise kein Freizeit-Fliegen, regionale Produkte konsumieren und bodenständig leben. 

Du engagierst dich für klimafreundliche Bauweise und natürliches Wohnen. Welchen Beitrag leistest du sonst noch für Umwelt- und Klimaschutz? 
Ich halte es wie früher: Ferien verbringen wir in unserer wunderbaren Region, wir verzichten privat auf grosse Reisetätigkeit. Gegessen wird möglichst aus Papas Garten oder wir kaufen regionale Bio-Produkte. Ausserdem verwenden wir keine Gifte, Lacke oder chemischen Schutzmittel im und ums Haus. Auch den Fleischkonsum habe ich massiv eingeschränkt. 

Wir verbringen den Tag mit 14 Jugendlichen aus Zürich und dem Oberwallis. Gibt es etwas, das du der Jugend mit auf den Weg geben möchtest?
Ein harter Kopf ist wichtig (grinst). Wer an sich glaubt, sich ein stabiles, wohlwollendes Umfeld aufbaut und jeden Tag für seine Ziele arbeitet, kann viel bewegen. Ich finde, jeder sollte seine eigenen Grenzen setzen und sich nicht zu früh von Aussenstehenden von grossen Träumen und Ideen abbringen lassen.

Was wünschst du dir für die Zukunft?
In erster Linie natürlich, dass wir es als Gesellschaft schaffen, endlich unsere Prioritäten den Umständen anzupassen und unser Konsum- und Reiseverhalten ökologisch sinnvoller zu gestalten. Für mich – und meine Familie im Speziellen – wünsche ich mir vor allem anderen Gesundheit. Aber auch, dass es uns gelingt, unsere Tochter zu einem selbständigen, entscheidungsfreudigen und glücklichen Mädchen heranwachsen zu lassen. 


Weitere Informationen zur Gipfelkunst 2020 hier 

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Zürich – Charles Lewinsky historischer Roman Halbbart bereits normiert für Deutschen Buchpreis

Der in Zürich und Vereux lebende Charles Lewinsky ist ein Glückskind. Alles was er in seinen 75 Lebensjahren in Angriff nahm, wurde ein Erfolg wie die Sitcom „Fasch e Familie“, seine 700 Liedertexte und sein literarisches Schaffen für das er den Schillerpreis erhielt. Nun versuchte er sich mit der Saga und erzählt wie 1313  „Halbbart“ erfährt, was die Menschen im Guten wie im Bösen auszeichnet – und wie man auch in rauhen Zeiten das Beste aus sich macht.

Der Roman heißt Der Halbbart. Was macht den Halbbart zum Protagonisten? Steht nicht eigentlich der junge Sebi im Mittelpunkt des Geschehens?Charles Lewinsky: Das ist eine Frage, die ich mir auch beim Schreiben gestellt habe. Wer ist wichtiger, der Beschreiber oder der Beschriebene? Mit jedem Kapitel ist mir klarer geworden: Ohne seine Begegnung mit dem Halbbart wäre der junge Sebi kein ungewöhnlicher Charakter. Ohne die übergroße Figur des Halbbart hätte er wenig zu beobachten und noch weniger zu erzählen. Es ist der Halbbart, der ihm die Welt öffnet – und darum gebührt diesem auch der Buchtitel.Sie widmen das Buch Ihrem Bruder – hat das einen besonderen Grund?

Charles Lewinsky: Als kleine Buben haben mein Bruder und ich jeden Abend das Einschlafen hinausgezögert, indem wir gemeinsam Geschichten erfunden haben. Im Rückblick würde ich sagen: Diese Heldensagen – denn natürlich waren wir beiden die Helden jeder Erfindung – waren meine ersten Gehversuche für meinen späteren Beruf. Denn ich bin heute noch der Meinung: Die wichtigste Aufgabe eines Romanautors ist es, eine interessante Geschichte zu erzählen.Wie sind Sie auf die Figur des Teufels-Anneli gekommen?

Charles Lewinsky: Als sie zum ersten Mal in der Geschichte auftauchte, wusste ich noch nicht, dass sie später eine so wichtige Rolle spielen würde. Sie war zunächst einmal eine ganz simple Figur: eine Frau, die vom Geschichten-Erzählen lebt. All ihre anderen Eigenschaften und Gewohnheiten habe ich erst im Lauf der Arbeit entdeckt – wie das ja auch im Leben ist, wenn man einen neuen Menschen kennenlernt.

Den Anstoß zu diesem Roman, haben Sie mal gesagt, gab die Idee mit der Erfindung der Hellebarde. Wie kann daraus ein Roman entstehen?

Charles Lewinsky: Der erste Ansatzpunkt zu einem Roman hat oft noch gar nichts mit dem zu tun, was man später schreibt. Oder doch nicht mehr als das Sandkorn, das die Auster zur Produktion einer Perle animiert. (Und meistens wird ja keine Perle draus.) Die Hellebarde wurde ursprünglich Halparte genannt, und als ich das Wort zum ersten Mal hörte, habe ich sofort an die Etymologie eines halben Bartes gedacht. Ich bin nun mal ein unverbesserlicher Wortspieler.

Jedes Kapitel hat ziemlich genau dieselbe Länge, und in jeder Kapitelüberschrift wird der Inhalt kurz zusammengefasst, also zum Beispiel: Elftes Kapitel, in dem der Sebi auszieht, um einen Beruf zu erlernen. Das war ja schon im Mittelalter eine bekannte Form, ist aber auch etwas, was wir heute von Netflix kennen: kurze Teaser zu stets gleich langen Episoden. Wie ist es dazu gekommen?

Charles Lewinsky: Wenn es die Geschichte erlaubt, habe ich gern einheitliche Kapitellängen (zum Beispiel in Melnitz), weil der regelmäßige Rhythmus des Erzählens es dem Leser leichter macht. Dass in der Überschrift der Inhalt des Kapitels erklärt wird, habe ich aus der Literatur des 17. Jahrhunderts übernommen, um der ganzen Geschichte einen historischen Charakter zu geben.

Man spürt auf jeder Seite, dass Ihnen das Schreiben Spaß gemacht hat. Was hat Ihnen ganz besonders viel Vergnügen bereitet?

Charles Lewinsky: Wenn mir das Schreiben keinen Spaß macht – wie soll dann das fertige Produkt dem Leser Spaß machen? Wobei dieser Spaß die Sache nicht weniger anstrengend macht, wie Ihnen jeder Bergsteiger gern bestätigen wird.

Bei diesem Projekt war es ein besonderes Vergnügen, neue »alte« Sagen zu erfinden – vor allem, weil es eine literarische Form war, an der ich mich noch nie versucht hatte.

Der Stil in diesem Roman ist schweizerisch eingefärbt und hat eine ganz eigene Melodie. Was hat Sie dazu verleitet, so zu schreiben?

Charles Lewinsky: Ich hoffe doch eigentlich, dass jeder meiner Romane eine eigene Melodie hat. Ich meine, dass sich nicht jede Geschichte in derselben Sprache erzählen lässt, und verbringe oft lange Zeit mit der Suche nach der richtigen sprachlichen Form für ein Projekt. Die schweizerdeutschen Einsprengsel sollen die Geschichte nicht nur geographisch verorten, sondern haben noch einen weiteren Zweck. Schweizerdeutsch ist ja dem Mittelhochdeutschen nahe verwandt, und so erinnert sein Vokabular den Leser immer wieder daran, dass er sich in einem anderen Zeitalter befindet.In diesem Roman kommen auch viele historische Ereignisse vor: der Marchenstreit zwischen dem Kloster Einsiedeln und Schwyz, die Schlacht bei Morgarten, die Judenpogrome des 14. Jahrhunderts. Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?

Charles Lewinsky: Über seine Recherchen sollte ein Autor nicht sprechen. Und vor allem sollte man beim fertigen Text nicht das Gefühl haben: Oh, da hat einer aber fleißig recherchiert! Ich finde, Bücherschreiben sollte nach dem »System Schwan« vor sich gehen: Über Wasser, dort, wo man gesehen wird, würdevoll gleiten, und nur unter Wasser, wo es keiner sieht, strampeln, strampeln, strampeln. Und außerdem: Ein Roman soll keine Unterrichtsstunde sein. Es geht nicht um Geschichte, sondern um Geschichten.

Weitere Informationen zum Buch Halbbart erschienen bei Diogenes  hier 

Fotoquelle: Autorenfoto Serge Höltschi / © Diogenes Verlag

Lauerz – Silvia Götschi über den Krimi Lauerzersee und ihr Schreibleben

Silvia Götschi

Obwohl Silvia Götschi schon lange Krimis mit Handlung in der Innerschweiz schreibt, war es doch „Engelberg“, welches sie in der ganzen Schweiz bekannte machte und ein Riesenerfolg war. Nun wird im neuen Krimi am Ufer der Insel Schwanau im Kanton Schwyz eine bewusstlose Frau gefunden, die erst vor Kurzem entbunden hat. Doch vom dem Neugeborenen fehlt jede Spur.  „Lauerzersee“ der neue Fall für die Kripo.

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Lauerzersee ist wieder wie Engelberg ein Hit. Hatten Sie Bauchweh von allen Erwartungen, die nach Engelberg von allen Seiten an Sie gestellt wurden oder konnten Sie die beim Schreiben vergessen?

Vorab muss ich korrigieren, dass „Engelberg“ kein Debüt war, sondern bereits der 16. Kriminalroman von damals erschienenen 24 Büchern. Schreiben bereitet mir nie Bauchweh und unter Druck fühle ich mich selten, auch wenn eine gewisse Erwartung von Seiten meiner Leserinnen und Lesern besteht.

Ich behaupte, dass Sie ihre Leidenschaft für die Literaturgattung Krimi beim Spazieren durch die Innerschweizer Landschaft, die ja ein wichtige Rolle spielt, entwickelt haben?

Die Leidenschaft zum Schreiben hatte ich bereits als Jugendliche, wusste aber damals noch nicht, dass daraus einmal etwas werden könnte. Wenn ich heute durch die Innerschweiz (und nicht nur durch sie) schreite, kommen mir ständig Geschichten in den Sinn. Aber die kommen auch zuhause, wenn ich mich auf eine virtuelle Reise begebe. Ich habe ein stark ausgeprägtes fotografisches Gedächtnis. Beim Schreiben am Computer kann ich die Bilder in meinem Kopf abrufen.

Beim Lesen hat man das Gefühl, dass die Hauptfigur Valérie Lehmann quasi ein Figur in Ihrem Leben ist. Wie gehen Sie mit dem Tragen der Buchfiguren und den Rollen im Alltag, die Sie spielen, um, gibt es da ein kein Durcheinander?

Valérie Lehmann ist mir sehr ans Herz gewachsen, als wäre sie eine Freundin. Sie hat sich über rund sechs Jahre hinweg entwickelt. Sie ist eine Frau mit Ecken und Kanten und einer Narbe im Gesicht, die auch ein Schönheitschirurg nicht hat beseitigen können (zu lesen in „Muotathal“. Die Hauptfigur hat wenig mit mir selbst zu tun. Ich glaube, wenn man einmal so viele Bücher geschrieben hat wie ich, verschwindet Autobiografisches und man lässt die Möglichkeiten spielen, welche das Schreiben bietet. Ich schreibe an verschiedenen Krimi-Serien. Die große Herausforderung ist es natürlich, die verschiedenen Figurentypen und Charaktere nicht zu durchmischen.

Schreiben ist ein einsames Geschäft und dieses Jahr fallen die Lesungen aus. Bleiben Sie trotzdem mit den Lesern in Kontakt?

Mittlerweile habe ich einen ansehnlichen Kreis von Fans, die mir Mails oder sogar Briefe schreiben. So gesehen, stehe ich auch in dieser seltsamen Zeit in Kontakt mit meinen Leserinnen und Lesern.

Ist der Schreiballtag im Sommer bei dieser Hitze der gleiche wie im Winter oder macht eine Silvia Götschi mal ein Badetag?

Baden war früher, als ich mit meinen Kindern in überfüllte Schwimmbäder oder an den See fuhr. Heute bin ich froh, wenn ich das nicht mehr muss. Ich ziehe eine Bergtour dem Baden vor, bin aber im Sommer definitiv mehr draußen als im Winter. Im Sommer setze ich mich gern auch mal mit dem Laptop an einen einsamen Ort am See. Die Kaffeehaus-Autorin bin ich definitiv nicht.

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Lauerzersee erschien im Emons Verlag. Weitere Informationen hier 

Kontakt zu Silvia Götschi hier