Düdingen – Was Autor Thomas Vaucher da liebt und was sein Incubus-Privatdetektiv

Obwohl Thomas Vaucher privat Okkultes nicht mag, spielt es im dritten Thriller „Der Incubus“ für den Privatdetektiven Richard Winter eine wichtige Rolle bei der Aufklärung eines grausigen Verbrechens.  Ob auch sein Geburtsort Düdingen magische Orte hat, verrät der Sensler bei einer Fahrt durch den Ort vor den Toren Freiburgs.


Ueber der Grandfeybrücke fährt gerade die Bahn Richtung Düdingen. Sie sind Musiker, Primarlehrer, Autor. Sie haben ein grosses Sendungsbewusstsein. Sind Sie als Kind zu kurzgekommen oder wollen Sie wie die Jungen mit Fantasie die Welt retten?

Lacht. Also zu kurz gekommen bin ich als Kind nicht, Fantasie ist mir sehr wichtig. Ich habe auch nicht den Anspruch die Welt zu retten, möchte aber mit meinen Projekten die Leser, Hörer zur Fantasie anregen. In erster Linie will ich unterhalten.

Wir sind im Wald beim Köhlerhaus, das aussieht wie ein Zelt und es schmeckt nach verbranntem Holz. Sie schreiben Fantasy. Soziale Medien, Internet und die schlechten Nachrichten der momentanen Situation sind schädlich für diese spezielle Sichtweise auf die Welt. Leben Sie privat völlig zurückgezogen oder wie behalten Sie sich den Spielraum?

Ich lebe mittlerweile als Vater und Ehemann in Giffers. Ich ziehe mich nur stundenweise zurück in meinem Heim, wenn ich an meinen Projekten arbeite, gehe ich ins Büro und dann bin und lebe ich in meiner Welt. Ich fand als Kind Ritter und Fantasy sehr cool und viele verlieren diese Liebe im Erwachsenenleben, aber bei mir blieb sie.

Nach einem kurzen Gang der Autobahn entlang sind wir in Räsch in der Magdalena Einsiedelei. Sie haben eine Anziehung nach Clowns und Masken und Statuen. Schreiben Sie, weil man im Alltag nie ganz in einen Menschen hineinschauen kann?

Es ist nicht der Grund, warum ich schreibe, aber sicher das, was mich fasziniert. Ich etwas Respekt und Angst vor Clowns. Das nicht hinter die Maske sehen, vielleicht versteckt sich da ein Psychopath mit Abgründen, fasziniert mich. 

In  „der Incubus“ kommt viel Okkultes zusammen. In der heutigen Welt wollen alle immer fixfertige Erklärungen, ist Ihnen deshalb Privatdetektiv Richard Winter so ans Herz gewachsen, weil er mehr macht als nur den Schlussbericht eines Mordes abliefern?

(Ueberlegt lange). Das Spezielle an diesem Privatdetektiv ist, das er auch im Okkultem bewandert ist. Er nimmt die ganzen Schwingungen, die in dieser Welt sind auch wahr, was ihn von den anderen Privatdetektiven abhebt. Ich finde ein Thriller mit mystischen Elementen interessant.

Im Proberaum Ihrer Band Emerald im Keller einer Einfamiliensiedlung stehen Flaschen, Songtexte, Instrumente rum. In diesem Herbst sind wir wie im Frühjahr einsam statt gemeinsam, die Strassen Düdingens bleiben abends leer. Bietet das Horrorjahr 2020 Stoff für eine Geschichte und wie gehen Sie damit um?

Die ganze Endzeitatmosphäre bietet schon Stoff für Geschichten, aber ich sehe auch das Positive am Ganzen, indem man auch mal Pause macht, abschaltet. Ich genoss es im Frühjahr auch einen Monat keine Termine zu haben. Es machte auch anfangs Angst, die älteren Bekannten abzustecken. Nun versuche ich halt von denen fern zu bleiben, was nicht ganz einfach ist. Aber ich schreibe gerade an einem Fantasybuch, das in einer anderen Welt spielt, wo Corona nicht vorkommt. 

Where the hell is…. Hier fand Ihre Vernissage statt. Was macht der Vaucher in seiner Freizeit in Düdingen?

Ich finde alles was rund um das Zentrum Düdingens ist sehr schön und ich habe einiges bei dieser Fotoreise gezeigt. Die Einsiedelei verzaubert mich jedes Mal wie das Düdinger Moos.  Einkaufstechnisch hat ja der Ort alles zu bieten wie eine Stadt. Es hat eine für mich wichtige Buchhandlung. Ja und dann der Ausgangsort schlechthin, das Bad Boon mit seinen interessanten Besuchern. Hier gab ich mit der Band Konzerte und Lesungen und auch als Vater kann ich hier mal was Trinken gehen. 



Weitere Informationen zu Thomas Vaucher und der Incubus hier 

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Rapperswil-Jona – Wo Frédéric Zwicker Radost schrieb und wie er da lebt

Der 1983 geborene Frédéric Zwicker ist Frontmann der Band Knuts Koffer und Autor des Buches „Radost“, indem der Lokaljournalist Fabian auf Sanisbar Max kennenlernt, drei Jahre später wieder trifft und von dessen seelischer Krankheit erfährt. Max hat Erinnerungslücken beim Verfassen seiner Biografie, also radelt Fabian für ihn nochmals nach Zagreb und weiter, ein Roadtrip beginnt.

Frédéric Zwicker, auf dem Freitagsmarkt treffen wir Freundinnen von Ihnen, die Mütter sind. Ihre Mutter kommt aus Schmitten, Deutschfreiburg, Sie wuchsen in Lausanne auf und leben nun in Rapperswil. Hat Ihre Lebensgeschichte Sie für Sprache sensibel gemacht oder eher die Musik?

Also in Lausanne wurde ich nur geboren und zog kurze Zeit später nach Jona. Was mich sicher empfänglich für Sprache gemacht hat, war die Sprachsensibilität der Eltern, wo beide verschiedene Sprache gesprochen haben. Die Musik hat sicher einen grossen Einfluss darauf wie ich Sprache empfinde und benutze.

Auf dem Lindenhügel mit See und Kloster im Hintergrund soll es, sobald die Touristen weg, abends still sein zum schreiben. Ihr Debut 2016 über Demenz im Altersheim entstand nach dem Sie den Zivildienst in bei den Alten gemacht hatten, im neuen Buch Radost geht es um Max aus Lachen, der in der Psychiatrie landet. Schreiben Sie über Randfiguren der Gesellschaft, weil Sie als Autor auch eher als Randfigur betrachtet werden?

Das wäre ein unbewusstes Motiv. Ich empfinde mich bedingt als Randfigur. Klar machen meinen Beruf nur wenige Prozent der Bevölkerung. Ich interessiere mich für Themen, die nicht so offensichtlich sind und wo ich finde, es wäre wichtig das Augenmerk der Leser darauf zu richten. Ich muss auch über Themen schreiben, wo ich genug darüber verstehe. Für Radost sprach ich mit Betroffenen seelischer Krankheiten, Psychologen, Psychiater und sandte anschliessend Ausschnitte aus dem Text zur Begutachtung an sie.

Vor dem Cafe INÄ ein Austausch mit Ihrem Freund seit Schultagen. Radost als die Geschichte eines Mannes zu lesen mit seelischer Zerbrechlichkeit ist zu wenig, warum?

Mir geht es im Buch schon stark um die Freundschaft von Fabian und Max und wie diese einen Einfluss auf beider Leben hat und wie sich das Leben von Max im Leben von Fabian anfängt zu spiegeln. Anderseits ist auch wichtig, was ich über Ex-Jugoslawien speziell Kroatien und Ostafrika schreibe. Einige Leser sagten mir, sie wollten nach der Lektüre des Buches eine Reise dorthin machen. Das finde ich schön, da doch das Bild der Jugos in meine Jugend durch den Krieg schlecht war. Auch Sansibar und Afrika wo heute die Flüchtlingsströme herkommen, steckt in meinem Buch.

Bei stürmischem Wetter gabs vor dem Esperantokleiderladen die Buchvernissage, heute eine neue Mütze. Sie unterrichten noch in Basel, lieben das Reisen nach Ostafrika, haben eine Band etc. Ist der Zwicker in Rastloser, der schreibt, um für sich etwas festzuhalten?

(lange Pause) Rastlos, leider ja. Wenn etwas beendet ist, mache ich sofort wieder mit was Neuem weiter und vieles mache ich auch parallel. Ja, auf der einen Seite schreibe ich, um etwas festzuhalten, aber auf der anderen Seite auch, um etwas zu verändern. Ich habe auch immer einen aufklärerischen Aufsatz, dass ich einen Einblick gewähren will und den Leuten Denkanstösse geben möchte. Es geht in meiner Arbeit darum, etwas zu bewegen.

Auf der anderen Seite des Hafens werden Sie mir gleich Ihr Ruderboot zeigen, wo Sie drin stundenlang auf dem See lesen. In der jetzigen und kommenden Situation fallen Lesungen weg, gab es Diskussionen mit dem Verlag, das Buch zu verschieben und warum haben Sie den Verlag gewechselt zu Zytglogge?

Weggegangen von Nagel und Kimche bin ich, weil es Turbulenzen beim Verlag gegeben hatte nach dem Verkauf. Ich habe eine Agentur, die mich auch beraten tut und nach der Suche nach einem neuen Verlag wurde ich begeistert von Zytglogge aufgenommen, auch weil sie vieles im Buch Radost sahen, was ich auch sah, das war für mich sehr motivierend. Wie sich die momentane Situation auf die Lesungen auswirkt, werden wir sehen, eine Verschiebung des Buches stand nie zur Diskussion.

Bei Ihnen zu Hause sitzt ein grosser Bär von einem Bandmitglied am Küchentisch und  stehen Instrumente rum. Was hat der Zwicker für Hobbies oder machen Sie alle Hobbies zum Beruf?

Das von Hobbies zum Beruf machen,  hat schon was. Einerseits bin ich Autor, anderseits Musiker und beides sind brotlose Künste, aber ich lebe davon. Ansonsten treibe ich gerne Sport. (….. er joggt über den Berg nach Einsiedeln… wir lachen). Ich treffen mich gerne mit Freunden, bin viel in der Natur, im Wald, fahre Ski oder Snowboard und mein Ehrgeiz ist alles zu perfektionieren. Ich habe verschieden Jobs ausprobiert, wurde aber nicht glücklich. Es fehlt mir einfach etwas, wenn ich meine Umwelt, so wie ich sie wahrnehme, nicht mit diesen Mittel, die mir nahestehen, verarbeite und das sind Schreiben und Musik. Das ist in mir drin und muss raus, da habe ich die nötige Konzentration und kann es stundenlang tun.

Weitere Informationen zu F. Zwickers Buch Radost hier 

Bern – Torch Song oder die schwule Suche nach Ehrerbietung und Glück im Käfigturmtheater


30 Jahre begleitet das Broadwaystück von Harvey Fierstein „Torch Song“ Arnold Beckoff in New York auf der Suche nach einem Mann fürs Leben, einem Adoptivsohn und ein Paar Hasenpantoffeln, um am Ende nach drei Stunden festzustellen, dass Ehrerbietung als Schwuler in dieser Welt wohl nie ganz glückt. Unter der Regie von Alec Broennimann und Stefan Hugi, einem fantastischen Fabian Netos-Claus als Arnold führt das Theater Central das Stück bis zum 1.November auf.

1971. Als Viele noch dachten, schwul seien gewisse Männer, weil Gott sie nicht liebt, malt sich Arnold den Lidstrich nach, um als Entertainer oder besser Dragqueen für einige Minuten auf der Bühne, dass einzufordern, was ihm im Alltag auch eine Stadt wie New York nicht gibt, Aufmerksamkeit und Respekt. Fabian Netos-Claus als Arnold Beckoff spricht mit Selbstironie über das schwule Leben direkt mit dem Publikum, das seinen Witz von der ersten Minute an zu schätzen weiss und in den nächsten drei Stunden oft darüber lacht und seine nie nachlassende Aufopferung für seine Rolle bestaunt.
In der Bar mit Darkroom lernt er Ed, den Bisexuellen kennen und lieben. Simon Schär als Ed vermag nur zu Beginn seiner Rolle gerecht werden, im Laufe der nächsten Stunden verblast seine Laienschauspielkunst zusehens und seine Sätze haben keine Gefühl mehr, werden nur aufgesagt.

Teil zwei der Triology spielt nach langer Umbauzeit im Bett zu viert. Wo die Verwirrten Arnold, Ei, seine Frau und der Stricher Alain 1975 über das Begehren und Betrügen und Versöhnen viel sprechen. Das Geplauder ist nur dank den Sprüchen erträglich. Obwohl der Autor Harvey Fierstein in der neuen Fassung, die das Theater Central nun spielt, das Stück um über eine Stunde gekürzt hat, vermögen die vielen Sitcomelemente über die Regenbogenfamilie nicht davon ablenken, dass das Stück zuviele Längen hat und den Schauspielern Nutzloses in den Mund legt.
Nach der Pause.1980, Daniel der Adoptivsohn mischt mit seinem frechen Mundwerk als ehemaliger Punk das Zusammenleben von Ed und Arnold auf  bis dessen Mutter durch die Tür kommt und der Krieg beginnt.  Carol Wiedmer als Ma schiesst einen Pfeil nach dem anderen auf ihren Sohn, der mit allen Mitteln kämpft um Ehrerbietung nicht für das, was Mutter als Stellvertreterin der konservativen Gesellschaft auf den ersten Blick in ihm sieht und ein Urteil fällt sondern für das was er ist, ein Menschen auf der Suche nach Glück und Liebe.
Eigentlich könnte der dritte Teil für sich stehen, den „Torch Song“ ist hier Drama pur und dank der Schauspielkunst von Mutter und Arnold packend und hat viel Tiefgang im Suchen nach dem was keiner kaufen kann, Liebe und Respekt. Doch nach drei Stunden Theater mit Maskenpflicht waren die Zuschauer an der nicht ausverkauften Premiere schon recht müde, so das der Schlussapplaus nur wohlwollend ausfiel. 

Nach „Vincent River, Paradise City“ ist „Torch Song “ die dritte Produktion in einem Jahr in Bern, die das schwule Leben thematisiert. Es verarbeitet viel Themen aus dem Leben eines Schwulen mit viel Text, etlichen Längen und halt auch mit Worten und Handlungen aus einer schon etliche Jahre zurückliegender Zeit. Aber das Stück steht auch für den schwierigen Weg seiner Identität Raum zu geben und das ist zeitlos.

Weitere Informationen zu Torch Song hier