Nach einem Jahr Festivalpause und unter dem diesjährigen Motto London zog der Geiger Nigel Kennedy alle Register seines Könnens und begeisterte das jüngere Publikum nicht nur mit Musik sondern auch mit Witz.
Gstaad Menuhin Festival ist, wenn man nachmittags per Zufall auf dem Weg von Schönried mit dem Star des Abends wandert und lacht. Als Schüler der Menuhinschule in London hat der in Brighton Geborene wohl eines gelernt, sich nicht verbiegen lassen im Geschäft und trotz dem Titel des Abends „when i am sixty-four“ in der gleichen Hose, Turnschuhe und Fussballert-shirt wie nachmittags die Bühne mit einer Tasse Tee zu betreten und gleich, wenn auch etwas unbeholfen, mehrsprachig Witziges von sich zu geben. Danach spielte er Bach, den Komponisten, den er mit drei Jahren kennenlernte und dem ihm bei der Vergabe eines Stipendiums mit sieben half.
Das zwei Stundenkonzert lebte aber nicht nur vom Können, das zweifelsfrei auch im Alter von 64 Jahren noch da ist, sondern auch vom Witz mit der vierköpfigen Band und dem Publikum. So beschrieb er den Gitarristen als einer, der von hinten wie seine Frau aussehe und von vorne wie Rolf, der ihn bei Laune halten müsse, da seine Polin nicht da sei. Das erste Arrangement und zweite Stücke des Abends galt dem polnischen Filmkomponisten Komeda, er Zufall für den in Gstaad lebenden Regisseur Roman Polanski arbeitete. Hier zeigte sich, was den auch die Spezialität dieses „enfants terrible der Klassik“ ausmacht. Er nimmt Teile des Originals und baut drumherum seine Idee und Inspirationen ein zu energiegeladenen Arrangements, die aber nie sperrig sondern bisweilen poppig daherkommen. So geschehen beim Beatlesklassiker „and I love her“ wie auch bei Gershwin, wo er am Piano sass.
Und dann wechselte er das T-Shirt, die Licht wurden greller und wilder, auf seinem Rücken lachte Jimmy Hendrik und der Rock mit der E-Violine riss auch die jüngeren Zuschauer von den Stühlen. Mit stets geschlossenen Augen holte er alles aus seiner Geige raus und das Zelt hat wohl selten so eine Wucht an Energie und Fingerfertigkeit kleiner Hände gesehen. Klar, wollte ihn da das Publikum nicht gehen lassen und mit drei Zugaben würdigte Nigel Kennedy das besondere Klangerlebnis an diesem Festivalabend nochmals.