Olten – Bryan Adams als Fotograf von Berühmtheit, Krieg und Not

„Summer of 69 or Everything I do“ waren einige seiner grossen Hits, doch bis zum 6. Februar 2022 zeigt das Haus der Fotografie IPFO in Olten nicht den Rockstar sondern den Fotografen Bryan Adams mit drei Themengebieten unter dem Motto „Exposed“.

Als Musiker hat er die Kunst in drei Minuten ein Thema auf den Punkt zu bringen und mit Tönen zu verpacken seit 1983 mit Nummern eins in 30 Ländern unter Beweis gestellt und gibt noch heute Konzerte. Doch der Kanadier, der nun in London lebt, war nie ein Boulevardkünstler mit Skandalen sondern eher neben der Bühne ein Junge von nebenan und eigentlich uninteressant. Aber der schon lange bevor es Trend wurde lebende Vegetarier hatte bei seinen Tourneen immer eine Kamera dabei. Und wenn es die Zeit vor dem Soundcheck zu einem Konzertauftritt erlaubte, mietete er für Stunden ein Fotostudio und setzte anfangs seine Bekanntschaften aus dem Showgeschäft in Szene. Meist in schwarzweiss.  Dies ist ein Themengebiet der Oltenerausstellung und bereits seine Anfänge auf Polaroid haben das gewisse Etwas, das über eine reine Porträtfotografie hinausgeht. 

Obwohl seine Lieder meist von der Liebe handeln, wurde die Fotografie des Bryan Adams mit den Jahren tiefgründiger. Die Porträtsammlung „Wounded The Legacy of War“ dokumentiert, was von Männern, die in den Krieg ziehen und nicht als Helden sondern Krüppel zurückkehren, übrigbleibt. Die für den Rest des Lebens Gezeichneten sind britische Soldaten nach ihrer Rückkehr aus  den Kriegen in Afghanistan und dem Irak und machen betroffen. Doch dem zweiten Themengebiet folgt ein noch verstörender.

Die Armut der Obdachlosen. Jetzt wo es wieder kälter wird, nehmen wir die Menschen, die alles verloren haben und mit ihrem Bündel auf der Suche nach einem warmen Heim durch die Strassen mit gesenktem Blick gehen und oft unter der Brücke vor dem Regen Schutz suchen, wieder vermehrt wahr. Bryan Adams hat die Obdachlosen in London gefunden. Vor seiner Kamera zeigen sie sich als Opfer von sozialen und wirtschaftlichen Widrigkeiten bis auf die nackte Haut. Da läuft keiner an den Bildern ohne ein faulen Magen und der Angst, das ein sozialer Abstieg jeden treffen kann, vorbei. 

Kuratiert wurde die dritte Ausstellung im Haus der Fotografie von Anke Degenhard und zeigen einen Bryan Adams als Fotografen, der seine Kamera auf  den Aufstieg und Fall des Menschen richtet. 

Weitere Informationen zur Ausstellung hier 

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Film – Der achtfache Ausbrecherkönig Stürm und seine geheime Liebe

Neben den Jugendunruhen in Zürich, dem Fichenskandal blieb vor allem ein Name aus den 80ier Jahren im kollektiven Gedächtnis hängen Walter Stürm. Regisseur Oliver Rihs hat nun die Geschichte des Ausbrecherkönigs als „Stürm – bis wir tot sind oder frei“ verfilmt, legt aber das Hauptmotive gut verpackt auf das Erbe Stürms die Reform des Schweizer Strafvollzuges.

Walter Stürm, Sohn eines Grossindustriellen aus der Ostschweiz, verkörpert von Joel Basman, gelang in den Jahren 1974 bis 1995 achtmal den Ausbruch auch Zuchthäusern und Gefängnissen. Doch dies spielt im zweitstündigen Film bildlich nur eine kurze Sequenz eine Rolle, vielmehr geht es um die Vereinnahmung eines „egoistischen Querkopfs“ wie ihn mal eine Frau nennt, durch ein linkes Anwaltsbüro, den Medien und der Jugendbewegung der alternativen Szene in Zürich in den 80ier Jahren. 

Und so ist, bis der Film „Stürm – bis wir tot sind oder frei“ in den ersten Hälfte all diese Verstrickungen versucht zu erklären, eigentlich nicht so sehr wie das Filmplakat vorspielt, es ein Film über Stürm, sondern über die Anwältin Barbara Hug. Seit einer falschen Behandlung ist ihr rechtes Beim gelähmt, sie geht an der Krücke und ihre Nieren sind geschädigt. Nicht destotrotz kämpft sie und ihre zwei Mitarbeiter gegen das rückständige Schweizer Rechtssystem. Zuerst noch als aktive Teilnehmerin der Jugendbewegung, später als Verteidigerin Stürms, der in den Medien als unbelehrbarer Sturkopf und Ausbrecher eine Dauerpräsenz  und auch eine gewissen Ausstrahlung auf Frauen hat. So auch auf Barbara Hug, die ihm verfällt und bald merkt wie unberechenbar und herzlos dieser Mann von einem Moment auf den anderen sein kann, bis zu seinem Freitod durch Ersticken mit einem Plastiksack. 

Mag der Schauspieler Joel Basman schon Hollywooderfahrungen gesammelt haben, Marie Leuenberger als Barbara Hug, spielt ihn an die Wand. Ihr Spiel als hartnäckige, betont politisch motivierte Kämpferin für eine bessere Isolationshaft, einem liberalen Umgang mit Betäubungsmitteln und nicht zuletzt ihr Kampf mit dem Lähmung und Krankheit sind derart überzeugend und auch gross in Szene gesetzt, dass der Schauspielerin der eine oder andere Preis sicher ist. 

Weder Walter Stürm noch Barbara Hug haben sich wirklich von den Wunden ihrer Kindheit lösen können und wurden zu Rebellen im Erwachsenenleben. Ihre Liebe zueinander ist sicher der unbekannteste und neuste Aspekt in der Geschichte Stürms, dessen Film aber nicht grösser ist als eine gute Fernsehproduktion. Bleibt abzuwarten, ob die breite Masse sich dafür wie bei einem anderen Schweizer Freiheitskämpfer wie Bruno Manser in die Kinos locken lässt.