Nach einem nassen Freitag warteten bei der fünften Ausgabe des Seaside Festivals am Samstag nicht nur die Sonne sondern auch Stefan Eicher, Toto oder Pegasus und am Nachmittag die Gäste mit dem meisten Charme aus Australien Son of the East und der nach der ESC-Pleite auferstandene Appenzeller Marius Bear auf ein zahlreich erschienenes Publikum.
Die Spiezer Bucht hatte sich um 14 Uhr schon mit dreiviertel der Besucher der Samstagausgabe des Seaside Festivals gefühlt, die sich zur Bühne drängten. Eigentlich erstaunlich, wenn man bedenkt dass vor drei Monate der erste Song des 45 Minutensets „Boys do cry“ der Schweiz eine Schmach mit dem 17. Platz bei ESC einbrachte. Doch der ehemalige Baumaschinenmechaniker Marius Hügli, 1993 geboren und immer schon den Uebernamen „Bear“ getragen hat wegen seiner Körperfülle, scheint die Kraft von seinem Berner Vater geerbt zu haben und trat selbstbewusst, barfuss ans Mikrofon mit jener kräftigen Stimme, die ihm seit der RS zum Sänger macht. Nach der Ballade legte die vierköpfige Band einen Zacken zu und fortan war es Poprock, der das Programm bestimmte. Damit unterschied sich sein Auftritt von jenem vor drei Jahren am Gurten, der langweilig war, weil zu viele ruhige Songs. Aber auch jetzt bei seinem zweiten Seasideauftritt von der Zelt- auf die Hauptbühne waren die Songs, das einzige Manko. Sie sind ohne Langzeitwert, schnell vergessen. Und da liegt das Hauptproblem mit Marius Bear, der schon seit Jahren versucht den Anforderungen seiner Plattenfirma gerecht zu werden, mehr zu verkaufen, grösser zu werden, in Deutschland Fuss zu fassen. Alles blieb bis jetzt unter den Erwartungen. weil er als Typ halt ausser der Stimme wenig Stardasein verkörpert.
Der erste Höhepunkt war der Mundartsong an seine Grossmutter aus dem Seeland und beim nächsten blieb ihm bei der Zugabe manchmal die Sprache weg. Denn als „I wanna dance with somebody“ erklang, kniete in der Menschenmenge ein Crewmitglied auf den Boden und hielt um die Hand seiner Freundin an. Das ging ans Herz und das Publikum klatschte und Marius lud die Beiden zu sich ein.
Definitiv die längste Anreise in die Spiezer Bucht hatten die 5 Musiker aus Australien Son of the East und waren dann von den Bergen und der Bucht so angetan, dass sie vor dem Soundcheck noch eine Runde im Thunersee schwimmen gingen.
Als sie dann 15.45 mit Bierflaschen auf die Bühne sprangen, fürchteten einige die seinen betrunken, doch Sydney’s schönster Mann Jack Rollins mit blauen Augen, Krause- und Brusthaar belehrte mit seiner Stimme alle eines anderen. Von Anfang war das atemlose Set zwischen Folk, Indiepop und Rock ein Garant für gute Stimmung. Die Verbindung zwischen Band und Zuschauer stimmte sofort, warum es auch immer wieder zu Lobworten der Australier an die Berner kam. Der Funk war also übergesprungen, nicht zuletzt weil die Songs, das hatten was ab September auch Marius Bear sich anhören kann, wenn die neue LP erscheint, Tiefgang und Rhythmus, aber auch, was man nicht kaufen kann Charme. Der Sänger und zwei seine Band sangen teilweise zusammen und die Harmonie kann man bald am Zürcher Konzert wieder hören. Das Set war sehr routiniert, kam besonders bei den Männern gut an und Frauen werden Jack Rollins sicher mal googlen. Der ist Meister im Flirten, Grimassen schneiden und Showman spielen.