Bern – Drinnen und draussen, alles wächst nach Klee

War Paul Klee nur ein abstrakter Maler? Nein, sowohl seine Bilder wie sein Geist leiten alles aus der Natur ab. Darum beleuchtet die Ausstellung „alles wächst“ im Paul Klee Zentrum bis zum 22. Oktober die Auseinandersetzung von Innen und Aussen ab und bietet einen interaktiven Rundgang durch den Garten und die Bilderausstellung.

Wer durch die Türe zur Ausstellung schreitet, hört das Vogelgezwitscher und sieht Paul Klee auf einer Fotografie unter einem Baum im Garten seiner Wohnung. Natur war ein zentrales Thema des Berner Malers und er bestaunte sie nicht nur im Vorgarten sondern war oft auf dem Beatenberg, wo er immer was mit nach Hause nahm und es presste oder sammelte. Das ganze Atelier war voll von Steinen und Pflanzen, den ihn interessierte die Struktur der Natur. 

Zuerst malte er die Natur ab, doch nur kopieren geht meist daneben, vielleicht weil sein Talent für einen Naturmaler nicht ausreichte. Doch die Struktur besonders der Blätter liess ihn nicht mehr los und er machte es wie die meisten Menschen mit der Natur, er erschuf sie sich, indem er zuerst mit Gips die Naturgegenstände neu zusammenklebte und später mit Farbe auf Leinwand mit der Natur spielte.

Rund um das Kleemuseum gibt es Land. Mit dem Projekt Fruchtland thematisiert das Zentrum die Bewirtschaftung des Umfeldes. Von Urdinkel über Oekosysteme bis zur Vielfalt der Insekten wird die Fläche bewirtschaftet. Die Ausstellung „alles wächst“ bindet nun diese 2,5 Hektar grosse Fläche mit ein. In Beeten wird verschiedener Klee gezeigt, Bienen summen vor einer Naturwiese und Birkenblätter wehen im Wind. Der Rundgang auf dem Gelände mit dem Gemeinschaftsgarten, der nachhaltig produziert wird, zeigt Vorgänge in der Natur von der auch Klee fasziniert war und wiederum für seine Kunst verwendete.

Weitere Informationen zur Ausstellung hier 

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Luzern – Rüüdiger Sommerlifestyle an der Riviera


Zuerst rockt im Juli der Blue Balls Nachfolger Luzern live das Seebecken bevor sich im August die Klassiker Gehör verschaffen. Doch die Innerschweizer Riviera lockt noch mit anderen Trümpfen ausser Musik in die Ferien.

Seit einem Jahr empfängt Gastgeber Silvan Sutter in der ehemaligen Jugendherberge Gäste ins Neuro Campus Hotel Das Morgen in Vitznau. An der Hauptstrasse nicht direkt am See erklärt Das Morgen auf jeder Etage die Welt der Neurowissenschaften. Jedes Zimmer ist zu einem Thema wie Dream, Wake up, Flow oder Create gestaltet. Zwar ist der ganze Bau mit goldenem Konzertsaal, Multimedia und Garten noch nicht ganz fertig und es muss mit Baulärm gerechnet werden, doch die Vision aus Kultur und Kulinarik lässt an jeder Ecke auch an Regentagen was entdecken. Die Dachterrasse gibt nicht ganz ohne Störfaktoren die Sicht auf die Natur frei. 

Auf der einstündigen Schifffahrt mit der Ins-Wassergucken-Meditation lässt sich nochmals die Energie aufladen,  bevor mit Luzern live im KKL die Post abgeht.

Der 25jährige Bau von Jean Nouvel, der das Wasser der Reuss ins Haus lässt, kann tags mit einer Führung hinter die Kulissen besucht werden.

Wer 38km Vierwaldstättersee vor der Tür hat, kann sich als Stadtluzerner oder Besucher auf den 13 Wassertürmen an der Stadtmauer Uebersicht übers Wetter verschaffen. Doch vor 30 Jahren wars nicht der Blitz sondern eine Zigarette, die die Kappelbrücke in Brand setzte wie die einheimische Touristenführerin beim Bummel durch die gotischen, romanischen Bauten erzählt wie auch diese Geschichten. Im Mittelalter wurden die Verurteilten direkt vor dem Gericht erhängt und in die Reuss geworfen , wo heute über den Winter im Seebecken zehn Mal mehr Vögel überwintern als anderswo in Europa.

Vitznau als Aufenthaltsort ist nicht nur wegen Das Morgen ideal sondern weil bei der Postautostation auch der Schiffssteg, der Badesteg für das Morgenschwimmen liegt und die Rigibahn fährt. Während die Chinesen auf die Kulm wollen, gibts bei der Staffelhöhestation auf 1550 mM den Geheimtipp, das Kräuterhotel Edelweiss. Hier findet man Essen sei politisch, was heisst hinter den etwas alt aussehenden Mauern zaubert Koch Benedikt Voss mit eigenen Kräutern und Regionalem 16 Gourmetpunktemenus, die die Sinne neu schärfen wie der Luzerner Kafi Lutz nur gesünder.

Weitere Information zu den Festivals und Ferien an der Riviera Luzern hier 

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Jaun – Zürcher schreibt Kriminalkomödie um Rettung des Dorfskiliftes

Eigentlich wäre ja das deutschsprachige Jaun im Greyerzbezirk ein Skigebiet, doch mit der Erhaltung des Skiliftes gibt es Probleme nicht nur wegen des fehlenden Schnees sondern auch wegen dem mangelnden Geld. Also will die Lehrerin des Dorfes Geld beschaffen und dabei spielen Diamanten eine Rolle.  In “ Die Brigantinnen“ von Schriftsteller Willi Wottreng gerät das Dorfleben unter den Gastlosen ganz schön aus den Fugen.

Willi Wottreng, wie kommt ein Schriftsteller geboren in Kreuzlingen, der heute im berüchtigten Kreis 4 in Zürich wohnt,  nach Jaun, um eine Kriminalkomödie zu schreiben?

Kreuzlingen ist am Rand(Am Nordrand des Landes), der Kreis Vier ist am Rand (gemäss gesellschaftlichen Urteilen über Normalität, die ihn als berüchtigt bezeichnen), Jaun ist am Rand (des Greyerzerbezirkes, des Kantons Fribourg und der ganzen Deutschschweiz.) Ich wollte immer den Menschen das Wort geben, die ihr angebliches Randdasein als Mittelpunkt der Welt zu deuten verstehen

Im Buch „Die Brigantinnen“ spielen die Frauen die Hauptrolle, die einen Skilift mit einem Diamanten retten wollen, und die Nebenrollen sind die Männer. Sind Frauen lustiger, weil sie allgemein in Komödien und im Leben mehr Gefühle zeigen?

Ich habe immer geschwankt, ob ich die Weltsicht von Frauen als gleichgewickelt wie die von Männern verstehen soll, oder als das ganz Andere. Es stimmt wohl beides nicht. Aber im Alter neige ich dazu, den Frauen – jedenfalls den mit meiner Generationenkohorte sozialisierten – eine höhere Spontaneität und eine kreativere Assoziationsfähigkeit zuzusprechen. Dem wollte ich Reverenz erweisen.

Jaun ist interessant wegen neben Im Fang als einziger deutschsprachiger Ort im Greyerz. Die Gastlosen und der Wasserfall haben je nach Wetterlage aber auch was bedrohliches. Was spielte bei allen Gegebenheiten, die diese Gegend hat, eine Rolle für einen Krimikomödie?

 Die Lage als Kessel inmitten der Berge. Der zugleich geöffnet ist durch die Passtrasse ins Freiburger Unterland und über den Jaunpass ins Bernbiet. Das eignet sich für ein Drama, in dem ein Skilift und die Mächtigen der Welt vorkommen. Und damit verbunden ist eine gewisse Widerständigkeit – erzeugt durch die Abgeschiedenheit –, verbunden mit einem recht hohen Selbstbewusstsein – Jauner gibt es in der ganzen Welt. Das ist der Boden für eine recht freche Lehrerin.

Sie waren als Journalist und heute Schriftsteller aktiv und besonders das Schicksal der Jenischen lag Ihnen am Herzen als Geschäftsführer der jenischen Radgenossenschaft der Landstrasse. Tat und tut die Schweiz zu wenig für die jenische Menschen?

Als Geschäftsführer der jenischen Radgenossenschaft der Landstrasse frage ich gerne zurück: Wie kann man genug tun für jenische Menschen, wenn man keine Ahnung hat, wer sie sind. Ich behaupte, nicht einmal eingesessene Jauner wissen, dass in kleinen Häusern entlang dem Bach meiner Vermutung nach einst jenische Menschen in Jaun existiert haben. Jaun ist eben die ganze Welt im kleinen, mit Mehrheitsgesellschaft und Randständigen, mit offizieller Existenz und Hintenherum.

Nach der Coronaerkrankung schreiben Sie nicht nur über Jaun sondern malen und gestalten Sie auch Masken. Ist das Freizeit oder was gibt Ihnen das Malen, was Ihnen das Schreiben nicht gibt?

Ich male derzeit vor allem mit dem Computer – keine künstliche Intelligenz, sondern Gemälde mit dem Stift auf dem iPad. Es ist eine Übung in Reduktion. Fesselnde Gemälde kann man nur schaffen, wenn man eine Ahnung hat, was das Wesentliche sein könnte. Vielleicht unterstützt das Malen die Bildhaftigkeit im Schreiben. Man staunt selber darüber, was einem da auf dem Bildschirm entgegenblickt, und ist vielleicht nachher klüger als vorher.

Die Brigantinnen erschien im Bilgerverlag. 

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Die Fotos wurden zur Verfügung gestellt

Zürich – Tori Amos oder wenn Zuschauer weinen

Ihr Talent hat sich im Lauf der langen Karriere gegen Plattenbosse und Trends durchgesetzt. Aber vermochte die 60jährige Tori Amos auf ihrer letzten Europatournee im Volkshaus Zürich auch an die Magie der Anfangsjahre anknüpfen?

Wenn nach zwei verschobenen Tourneen wegen der Pandemie im Papiersaal des Volkshauses das Schild „Ausverkauft“ hängt, dann sind Fans der ersten Stunde, heute um die 40 Jahre, im Publikum. Die mussten eine Stunde warten, bis um 21 Uhr ein Gitarrist und ein Schlagzeuger vor der Tochter eines Pfarrers aus North Carolina in einem pinkroten Kleid die Bühne betraten. Kein Grusswort und keine Greatest Hits folgten über die nächsten zwei Stunden sondern musikalische Lyrik.

Die Frau mit Brille und langem Haar, die in den 80ier von den Plattenbossen gezwungen wurde Rock a la Joan Jett zu singen und erst 1992 mit der LP „Little Earthquake“ zu sich fand, tauchte von der ersten Minute in die Tasten des Klaviers und verschmolz mit ihnen. Man hatte das Gefühl, als komponiere sie vor Ort Kleinode, so konzentriert war sie. Als Mutter von zwei Fehlgeburten sang sie über Schmerz und Selbstfindung und wob das Ganze zu einem experimentellen Poprock. Nichts aber auch gar nichts war radiotauglich und trotzdem voller Magie, da alle im Raum das Gleiche dachten: Wie schön. So schön, dass selbst Männer heimlich eine Träne wegwischten, weil Tori ihr Gemüt berührt hatte.

Zwar hatte die Stimme der Amerikanerin bis zur Hälfte nicht mehr das feenhafte wie in früheren Jahren und sie musste die Texte vom Blatt ablesen, auch war das Schlagzeug zu laut abgemischt, aber die Solostücke im zweiten Teil waren in einer Abwechslung zwischen Klavier und Keyboard wieder wie in alten Tagen. 

Wenig Dialog mit dem Publikum, keine Show, wenig Lichteffekte und trotzdem hingen die Zuschauer an den Lippen der Singer/Songwriterin, weil sie mit jeder Faser ihre Seele sich dem Augenblick hingab und Klangwelten erschuf, die den Abschied von den Fans mit Trost und Schönheit vergoldete.